Für Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker war das Verfahren "ungewöhnlich". Dass ein Wirtschaftsprüfer eingesetzt werden muss, ist ein Novum.

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Als Präsidentin des Rechnungshofs ist Margit Kraker für jenen vernichtenden Bericht zuständig, den die ÖVP am Freitag noch an sich abperlen ließ. Konkret geht es um nicht-deklarierte Spenden und um falsche Abrechnung der Wahlkampfkosten 2019, wie der STANDARD ausführlich berichtete. Weil der Rechnungshof an den Angaben der ÖVP zweifelt, schickt dieser erstmals einen Wirtschaftsprüfer in die Parteizentrale. Ein Ergebnis erhofft sich Kraker, wie sie im Ö1-"Journal zu Gast" festhält, noch dieses Jahr, dafür bräuchte es allerdings die Kooperation der ÖVP. Das Verfahren selbst bezeichnet sie als "ungewöhnlich", so etwas habe es in Österreich zuvor noch nicht gegeben.

Unabhängig vom Jahr 2019, um welches sich die Zweifel an den ÖVP-Angaben drehen, will sich Kraker auch die Vergabe der Corona-Hilfen an den ÖVP-Seniorenbund anschauen. Denn: Öffentliche Förderungen könne der Rechnungshof natürlich prüfen, "und das wird uns auch interessieren".

Mehr Befugnisse für Rechnungshof

Zunächst wird sich aber ein Wirtschaftsprüfer der Ausgaben aus 2019 annehmen. Warum das der Rechnungshof nicht kann? "Ein Wirtschaftsprüfer darf sich unmittelbar die Belege und Unterlagen anschauen", erklärt Kraker, der Rechnungshof dürfe das nicht. Im Anschluss werde der Prüfer berichten, ob an den Vorwürfen etwas dran ist oder nicht. Sollten sich die Zweifel bestätigen, dass die ÖVP etwa Wahlwerbungskosten erneut überschritten haben könnte, dann erfolge eine Mitteilung an den Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS). Dieser könnte dann Strafen aussprechen.

Das neue Parteiengesetz, das nächstes Jahr in Kraft treten sollte, wäre für Kraker jedenfalls ein Fortschritt: Ein Wirtschaftsprüfer wäre dann nicht mehr notwendig. "Dann können meine Prüferinnen und Prüfer unmittelbar Einsicht in Unterlagen und Belege nehmen". Das wäre gut für den Rechnungshof, für die Parteien und für die Öffentlichkeit, sagt Kraker. Ob das neue Gesetz, das "Vorbeischleusen von Spenden am Rechnungshof" unterbinden könne, sei noch nicht ganz klar. "Man wird sehen, ob der Umgang mit den nahestehenden Organisationen in der Weise reicht."

Seniorenbund wird geprüft

Eine zentrale Rolle spielt nämlich auch der Seniorenbund im Rechnungshofbericht: Bei diesem müsse man zwischen Teilorganisation Seniorenbund und den Vereinen des Seniorenbundes unterscheiden, sagt Kraker. Dabei gehe es um die Frage, ob diese Vereine als Teil der Partei zu behandeln sind. Die ÖVP sieht diese als unabhängige Vereine. Geprüft wird das nun vom UPTS. Damit lasse sich in Folge auch klären, ob die Vereine von den Förderungen, wie dem Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds, ausgenommen sind oder nicht.

Zum Hintergrund: Neben dem oberösterreichischen Seniorenbund, der fast zwei Millionen Euro aus dem "NPO-Fonds" kassiert hat, profitierten auch weitere ÖVP-nahe Organisationen von den Corona-Hilfen. Das Problem: die Mittel aus dem "Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds" sind eigentlich für gemeinnützige Organisationen bestimmt. Parteien und ihre Teilorganisationen sind von diesem Topf ausgeschlossen. "Das kann der Rechnungshof prüfen", sagt Kraker, und das werde sie auch interessieren.

Auch bei den Inseraten in der Zeitung des Vorarlberger Wirtschaftsbundes, die der Rechnungshof ebenfalls beim UPTS angezeigt hat, nehme der Rechnungshof in den kommenden Jahren unter die Lupe. "Wir prüfen jährlich", sagte Kraker, die sich erhofft, dass aus diesen Problemen, "entsprechende Schlüsse" gezogen werden.

ÖVP zu Verstößen: "Haltlos"

Dass die ÖVP die Wahlkampfkosten korrekt abgerechnet hat, wollte man auch am Samstag erneut betonen: In einer Aussendung hieß es, dass sich die vom Rechnungshof behaupteten Verstöße "als haltlos heraus stellen werden." Immerhin hätten bereits zwei Wirtschaftsprüfer alle Unterlagen bereits mehrmals geprüft. Dass sich der Rechnungshof durch einen dritten Wirtschaftsprüfer absichern möchte, nehme man zur Kenntnis. Auch die Teilorganisation "ÖVP Senioren", die laut Partei statutarisch wie finanziell klar getrennt vom gemeinnützigen Verein "Österreichischer Seniorenbund" ist, hätten alle erforderlichen Unterlagen fristgerecht und vollständig beantwortet und übermittelt.

SPÖ und Neos forderten von der ÖVP am Samstag abermals, die Karten auf den Tisch zu legen. "Die ÖVP muss für ihre Fehler geradestehen und aufhören, Steuergeld für ihre eigenen Zwecke zu verschleudern und einzustreifen", so Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried verlangte einmal mehr Neuwahlen und appellierte an die Grünen, den Weg dafür freizumachen.(Elisa Tomaselli, APA, 11.6.2022)