Heidi Goëss-Horten verstarb am Sonntagmorgen in ihrem Haus am Wörthersee.

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Der Eröffnung ihres Privatmuseums vor dem Pfingstwochenende war Heidi Goëss-Horten bereits aus gesundheitlichen Gründen ferngeblieben. Am Sonntag starb die Milliardärin im Alter von 81 Jahren in Kärnten: im ehemaligen Schloss Sekirn, vormals Schloss des Fürsten Windischgraetz, das ihr 1987 verstorbener Ehemann Helmut Horten einst am Ufer des Wörthersees erwarb und umbauen ließ.

Dort, genauer in einer Hotelbar in Velden, hatte die am 13. Februar 1941 in Wien geborene Heidi Jelinek 1960 den um 32 Jahre älteren Kaufhausmagnaten kennengelernt. Die Tochter eines Graveurs war damals 19 Jahre jung und verdiente ihren Lebensunterhalt als Stenotypistin. 1966 klingelten die Hochzeitsglocken. Als Morgengabe gab es den "blauen Wittelsbacher", den legendären naturblauen Diamanten (35,56 ct), der einst Teil der österreichischen und, bis 1918, der bayerischen Kronjuwelen war.

Das Ehepaar blieb kinderlos und pflegte einen für den damaligen Jetset üblichen Lebensstil, pendelte zwischen der wachsenden Anzahl an Refugien in Cap d'Antibes an der Côte d’Azur, in Kärnten oder auch auf den Bahamas. 1968 hatten sie ihren Wohnsitz in das Schweizer Tessin verlegt. Im Jahr darauf erfolgte der rückblickend größte Coup des Geschäftsmanns, dessen Karriere als Nutznießer des NS-Regimes und NSDAP-Mitglied begann. Für 875 Millionen Mark verkaufte er die Aktien seiner Kaufhäuser und verstand es dabei, eine Gesetzeslücke zu nutzen. Den deutschen Behörden entgingen damals satte 450 Millionen Mark an Steuereinnahmen. Eine "Lex Horten" verhinderte Nachahmungstäter.

2,9 Milliarden Dollar Vermögen

Für die spätere Verwaltung seines Vermögens hatte Horten 1962 die Helmut-Horten-Stiftung gegründet, die seit 1971 in der Schweiz medizinische Forschung unterstützt. Die dafür eingesetzten Mittel "beschränken sich auf die Erträge des Anlagevermögens", "das Stiftungskapital darf nicht angegriffen werden", wie es auf deren Website lautet. Wie viel Heidi Horten nach dem Tod ihres ersten Ehemanns 1987 erbte, darüber gibt es unterschiedliche Angaben. Laut dem US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin "Forbes" soll es etwa eine Milliarde Dollar gewesen sein. Die aktuelle Schätzung ihres Vermögens beläuft sich auf 2,9 Milliarden Dollar.

Die Milliardärin ist im ehemaligen Schloss Sekirn am Ufer des Wörthersees, das Helmut Horten einst erwarb und umbauen ließ, verstorben.
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Als Mäzenin wurde Heidi Goëss-Horten, wie sie seit ihrer Hochzeit mit Carl Anton "Kari" Goëss 2015 hieß, als Gönnerin des Tierheims Klagenfurt bekannt und vom Eishockey-Rekordmeister KAC geschätzt. Diesen Verein unterstützte sie seit 1994, 2010 wurde sie dessen Ehrenpräsidentin, 2021 Präsidentin. Die jährlichen Zuwendungen beliefen sich auf etwa drei Millionen Euro. Für die Sanierung und Modernisierung der KAC-Halle hatte sie im Oktober 2021 zugesagt, mit 4,345 Millionen Euro die Hälfte der Kosten zu übernehmen.

1960 lernte die in Wien geborene Heidi Jelinek den um 32 Jahre älteren Kaufhausmagnaten Helmut Horten kennen.
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Fragwürdige Parteispenden

Für größeres Aufhebens in der Öffentlichkeit sorgte ihre Parteispende an die ÖVP in den Jahren 2018 und 2019: 931.000 Euro insgesamt, die in monatlichen Tranchen von 49.000 Euro überwiesen worden war. Ab 50.000 Euro hätte die ÖVP diese dem Rechnungshof melden müssen. Ein Spendenmodell, das der Milliardärin Ladungen in den Untersuchungsausschuss bescherte, denen sie als Risikopatientin während der Pandemie nicht nachkam. Wie am Freitag im Umfeld der RH-Anzeige wegen Verstößen gegen das Parteiengesetz durch die ÖVP bekannt wurde, haben die staatlichen Prüfer hier Interesse an zusätzlichen Details.

Mit dem Museum, das die Heidi Horten Collection künftig in Wechselausstellungen präsentiert, hat sie sich ein Denkmal gesetzt. Im Vorfeld der Eröffnung ließ sie nach Jahren des Zögerns aufgrund anhaltender Medienkritik den "Vermögens- und Geschäftsaufbau von Helmut Horten" in der NS-Zeit von Historikern aufarbeiten.

In dieser Zeit wurzelte jenes Vermögen, das die Grundlage für den Start der Nachkriegskarriere des Selfmademan und die Mehrung des Erbes bot. Ein Themenkomplex, zu dem sich seine Witwe zeitlebens nicht öffentlich äußerte. Das Gutachten, das Hortens Rolle als NS-Profiteur bestätigte, liegt seit Jänner vor. Die gleichen Autoren arbeiten derzeit an der Biografie Helmut Hortens, die Ende 2022 erscheinen soll.

Das Museum in Wien präsentiert die "Heidi Horten Collection" in Wechselausstellungen.
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Die Zukunft ihres Privatmuseums, der Betrieb und die Finanzierung inklusive Neuankäufen, ist gesichert, wie DER STANDARD in Erfahrung brachte. "In memoriam der Stifterin" gewährt das Museum kommende Woche freien Eintritt. (Olga Kronsteiner, 12.6.2022)