Robert Habeck.

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Berlin – Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will als Reaktion auf die Kontroverse um den Tankrabatt einem Medienbericht zufolge das Kartellrecht verschärfen. Damit solle der Staat auch ohne einen Nachweis von Marktmissbrauch Gewinne abschöpfen und notfalls die Konzerne zerschlagen können, berichtete der "Spiegel" am Sonntag unter Berufung auf ein ihm vorliegendes Positionspapier aus dem Wirtschaftsministerium.

Mit der Änderung des Kartellrechts solle eine Möglichkeit geschaffen werden, unter anderem den Mineralöl- und Tankstellenmarkt zu entflechten. In einem weiteren Schritt solle das Bundeskartellamt schneller die Gewinne abschöpfen können. Theoretisch war dies dem Bericht nach auch bisher schon möglich, aber an hohe Hürden geknüpft.

Steuersenkung schlägt fehl

"Ein Recht, das nicht genutzt werden kann, ist nicht im Sinne des Erfinders", zitierte der "Spiegel" Habeck. "Die Konsequenzen tragen die Verbraucherinnen und Verbraucher, die höhere Preise zahlen müssen", begründete er dem Bericht nach die erweiterten Handlungsmöglichkeiten des Kartellamts. Die abgeschöpften Beträge würden der Staatskasse zufließen.

Hintergrund ist die Debatte um den Steuerabschlag auf Diesel und Benzin. Das sollte für Entlastung an den Zapfsäulen sorgen, doch Kritiker werfen den Mineralölkonzernen vor, den sogenannten Tankrabatt nicht ausreichend an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben.

"Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigen, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen sind", sagte Habeck dem "Spiegel". "Es ist offenkundig das eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung."

Steinmeier: Wir müssen Ärger ernst nehmen

Selbst der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schaltete sich ein: "Ich verstehe den Unmut der Bürger, wenn sich viele einschränken müssen und manche Extragewinne einfahren", sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag". "Den Ärger müssen wir ernst nehmen. So wichtig es ist, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen, dass der Staat nicht jede Teuerung wird ausgleichen können, so wichtig ist es auch, dass wir dafür sorgen, dass nicht einige ungerechtfertigt Vorteile aus der Situation ziehen können." Die Frage nach dem richtigen Instrument müsse aber die Regierung beantworten.

Das deutsche Wirtschaftsministerium will nun die Überarbeitung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf dieses Jahr vorziehen. In den kommenden Wochen soll es konkrete Vorschläge geben. Grundlegendes Ziel ist es, die Waffen des Kartellamts zu schärfen. Allerdings wurde auch betont: "Eine solche Verschärfung des Wettbewerbsrechts kann zwar nicht kurzfristig in der aktuellen Situation wirken, aber dem Staat die nötige Stärke geben, zukünftig besser einzugreifen", so Habeck im "Spiegel".

Insgesamt wüssten die Unternehmen über die Preise ihrer Wettbewerber an den Tankstellen Bescheid, weil der Markt sehr transparent sei. "Das heißt, auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen; ein Missbrauch des Wettbewerbsrechts ist schwer nachweisbar." Deshalb soll künftig auch eine "missbrauchsunabhängige Entflechtung" möglich sein, "um Wettbewerb auf verfestigen Märkten zu schaffen". (APA, wisa, 12.6.2022)