Eine verdeckte Ermittlerin verschwindet nach einem Brandanschlag auf das Wohnhaus eines Polizisten. Ihre Freundin und Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) spürt ihr undercover in der linksautonomen Szene nach. Das ist grob umrissen der Ausgangspunkt des "Tatort: Schattenleben" am Sonntagabend, bei dem die Produktion sich verpflichtete, das Team und die Darsteller möglichst vielfältig zu besetzen.

"Die Welt" sieht diese Diversity-Regelung ganz im Sinne ihrer konservativen Positionierung als potenziellen "Quotenkiller", die "Süddeutsche Zeitung" vermisst eine "Straffung" der Handlung, "Der Spiegel" wiederum vergibt für den "Polizei-Thriller im Pogo-Modus" immerhin sieben von zehn möglichen Punkten. Und wie sehen Sie den "Tatort" am Sonntagabend?

Die Wirklichkeit da draußen

"Der oft in Ritualen festhängende 'Tatort' nähert sich der Lebenswirklichkeit da draußen an", konstatiert Holger Gertz in der "Süddeutschen Zeitung" über den Sonntagskrimi. In "Schattenleben" würden "ganz selbstverständlich unterschiedliche sexuelle Orientierungen und Hautfarben sichtbar."

Im Bild (von links): Julia Grosz (Franziska Weisz), Nana (Gina Haller) und Maike (Jana Julia Roth) machen Party.

ORF/ARD/NDR/O-Young Kwon

Emotionaler Kitt zwischen Aktivistinnen und Altpunks

"Spiegel"-Kritiker Christian Buß sieht Regisseurin Mia Spengler und Autorin Lena Fakler emotionalen Kitt suchen "auf dem unübersichtlichen Terrain zwischen feministischen Aktivistinnen und Altpunks, zwischen linken Lederjackenkommissaren und kleinbürgerlichen Vorortpolizisten".

Franziska Weisz als Julia Grosz und Elisa Hofmann als verdeckte Ermittlerin Ela Erol.

ORF/ARD/NDR/O-Young Kwon

Überhitzungsgefahr

Die Geschichte drohe "an einigen Erklärstellen immer wieder auseinanderzubrechen", schreibt Buß – der desaströse Einsatz der Polizei beim G20-Gipfel 2017 müsse vorkommen, ebenso Rassismusvorwürfe gegen die Polizei. "Da kommen viele Talking-Points zusammen, nicht alle werden angemessen abgehandelt. Und der Schnelldurchlauf durch die Typologie des Linksseins droht den Krimi-Plot zu überhitzen."

Und doch vergibt Buß sieben von zehn Punkten für "Schattenleben".

Jana Julia Roth als Maike Nauener, Gina Haller als Nana Leopold.

ORF/ARD/NDR/O-Young Kwon

Den Fall schöntrinken

Wenig begeistert klingt STANDARD-Kritikerin Birgit Baumann, wenn sie nach "Klischeesprüchen" und einer "nicht sehr tiefgehenden" Liebesgeschichte mit dem Verweis auf Kommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) schließt: "Der trinkt sich den Fall mit ein paar Gläsern schön. Da das Geschehen so behäbig ist, braucht er dazu nicht mal Alkohol, es reicht seine Milch." (red, 12.6.2022)

Konrad Singer als Carsten Maier, Wotan Wilke Möhring als Kommissar Thorsten Falke.

Und wie sehen Sie den Hamburger "Tatort: Schattenleben"?

Foto: ORF/ARD/NDR/O-Young Kwon