Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser soll Steuern hinterzogen haben – das klagte die WKStA an. Er bestreitet das, es gilt die Unschuldsvermutung

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Nach zehn Minuten war die erste Verhandlung in der Finanzstrafcausa gegen Karl-Heinz Grasser und seinen Ex-Steuerberater H. vorbei – jedenfalls für die Öffentlichkeit. Wie zu erwarten, haben die Anwälte der Angeklagten, Norbert Wess und Gerald Ruhri, den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt, der Schöffensenat fasste dann den entsprechenden Beschluss.

Weder die zwei Staatsanwälte der WKStA noch der Privatbeteiligtenvertreter der Finanz hatten sich zuvor gegen den Antrag der Verteidiger ausgesprochen.

Bevor Zuschauer und Medienleute den Saal im Straflandesgericht Wien verlassen mussten, nahm Richter Michael Tolstiuk noch die Generalien auf. Grasser machte zu den Fragen nach seiner beruflichen Tätigkeit und finanziellen Verhältnissen keine Angaben, H. gab nur bekannt, dass er Steuerberater sei.

H. kam mit vier Juristen

H. war mit vier Anwälten gekommen, darunter auch Philip Goeth. Dieser ist Partner in der Kanzlei Lansky, Ganzger, Goeth, Frankl & Partner. Der Ex-OeNB-Generalrat gilt bzw. galt als Vertrauter von Julius Meinl V. Er hat 2006 jenes Gutachten erstellt, in dem er den Papieren der Meinl European Land (MEL) bescheinigte, dass sie ihm "zur teilweisen Veranlagung von Mündelgeld als geeignet erscheinen". Die MEL-Papiere verloren später bekanntermaßen massiv an Wert.

Grasser wird vorgeworfen, er habe Vertriebsprovisionen aus seinem Engagement für Meinl International Power (MIP) in der Höhe von rund 4,3 Millionen Euro nicht versteuert. H. wirft die WKStA Beihilfe zur Abgabenverkürzung vor, er soll die komplexe "Umgehungskonstruktion" (WKStA) aus Gesellschaften und Stiftungen ersonnen haben, über die das Geld floss. Beide bestreiten die Vorwürfe und haben einander die Verantwortung bisher gegenseitig zugeschoben.

Beim Ausschluss der Öffentlichkeit berief sich das Gericht auf § 213 Finanzstrafgesetz, in dem dieser geregelt ist. Bei Finanzstrafverfahren gehe es um den höchstpersönlichen Lebensbereich der Angeklagten, deswegen werde die Öffentlichkeit für die gesamte Verhandlung ausgeschlossen, so die sinngemäße Erklärung.

Umstrittener Ausschluss

Verfassungsjurist Heinz Mayer bezweifelt, dass die Bestimmung im Finanzstrafgesetz verfassungskonform ist. Er beruft sich dabei auf eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) aus dem Jahr 2011. Daraus lasse sich ableiten, dass der Ausschluss im Gesetz nicht generell festgelegt werden könne, sondern immer auf konkrete Umstände abgestellt werden müsse. (Renate Graber, 13.6.2022)