Justin Bieber musste wegen der Erkrankung seine Welttournee unterbrechen. Wie lange er sich schonen muss und ob er wieder vollständig gesund wird, ist noch nicht bekannt.

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Nachdem der kanadische Popstar seine Welttournee krankheitsbedingt unterbrechen musste, wandte er sich in einem persönlichen Instagram-Video an seine Fans. Dort teilte er mit, dass er am sogenannten Ramsay-Hunt-Syndrom leide und darum seine rechte Gesichtshälfte nicht bewegen könne. "Es ist ziemlich ernst", sagt Bieber.

Das Ramsay-Hunt-Syndrom ist eine Virusinfektion, die von Herpesviren ausgelöst wird. Diese Herpesviren tragen ungefähr 90 Prozent aller Menschen in sich. Der Grund: Eine Ansteckung mit Feuchtblattern – den sogenannten Varicellen – in der Kindheit. "Diese Viren bleiben im Körper, und es kann passieren, dass sie im Laufe des Lebens wieder reaktiviert werden", erklärt der Virologe Christoph Steininger von der Med-Uni Wien.

In einer Videobotschaft auf Instagram wendete sich Justin Bieber am Freitag an seine Fans.
DER STANDARD

Gürtelrose im Ohr

Nachdem eine Ansteckung mit Varicellen erfolgt ist und die Feuchtblattern abgeklungen sind, "verstecken sich die Viren vor unserem Immunsystem in verschiedenen Nervenknoten", erklärt Monika Redlberger-Fritz, Virologin an der Med-Uni Wien. Passiert das entlang der Wirbelsäule und kommt es dann zu einer Reaktivierung der Viren, entsteht die klassische Gürtelrose: Es bildet sich ein gürtelartiger, oft schmerzender Ausschlag mit Rötungen und Bläschen entlang des Brustkorbs.

"Wenn sich die Herpesviren jedoch in den Nervenknoten, die für den Hörnerv verantwortlich sind, verstecken und reaktivieren, kommt es zu einer Gürtelrose im Ohr, das wird Ramsay-Hunt-Syndrom genannt", weiß Relberger-Fritz. Die Symptome reichen dabei von Schwindel, Hörverlust bis hin zu Gesichtslähmungen.

Vor allem die Gesichtslähmungen beschreibt Bieber in seinem Instagram-Video – und diese sind auch sichtbar. Er erzählt, dass er "mithilfe von Übungen versucht, sein normales Gesicht wiederzubekommen." Virologe Steininger erklärt die Therapiemaßnahmen so: "In der frühen Phase können antivirale Mittel und auch entzündungshemmende Medikamente verabreicht werden. Danach gibt es verschiedene Rehabilitationsmaßnahmen, bei denen die Nerven wieder trainiert und stimuliert werden." Jedoch tritt nicht immer eine vollständige Heilung ein und die Behandlung wird sehr individuell auf jede Patientin und jeden Patienten abgestimmt.

Schutz durch Impfung

Wie lange die Symptome des Ramsay-Hunt-Syndroms anhalten können, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. "Die Gesichtslähmung oder auch der Gehörverlust können Wochen oder sogar Monate später noch vorhanden sein", sagt Redlberger-Fritz. Je nachdem, wie sehr die Nerven beschädigt worden sind, können einige Symptome auch dauerhaft oder in abgeschwächter Form zurückbleiben.

Schützen kann man sich gegen die Gürtelrose mittels Impfung. Für Kinder gibt es bereits seit einigen Jahren eine Impfung gegen Feuchtblattern. Die Virologin weiß: "Bekommen bereits Kinder zwei Impfungen im Abstand zwischen vier bis sechs Wochen, sind sie ein Leben lang gegen das Herpesvirus geschützt." Das Virus schafft es dann erst gar nicht in Körper, und so kann es später auch nicht zu einer Gürtelrose-Erkrankung kommen.

Da vor allem ältere Personen von der Gürtelrose betroffen sind und es für sie noch keine Impfung gegen Feuchtblattern gab, wird für Menschen ab 65 die Herpes-Zoster-Impfung empfohlen. Dabei handelt es sich um einen Totimpfstoff, der gegen Gürtelrose schützt. Die Virologin erklärt: "Die Impfung verhindert ein Neuaufflammen des Herpesvirus im Körper und kann somit eine Gürtelrose abwehren." Welche Ursachen für das Wiederaufflammen der Viren verantwortlich sind, ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutet werden etwa das Herunterfahren des Immunsystems, Stress und auch ein höheres Alter.

Besonders seit der Corona-Pandemie wurden vermehrt Gürtelrose-Erkrankungen beobachtet. Ein direkter Zusammenhang zwischen einer vorangegangenen Covid-Infektion und der Gürtelrose konnte jedoch noch nicht bewiesen werden. Dennoch ist die Virologin nicht verwundert über die Zunahme: "Diese Beobachtung ist nur logisch, denn immer wenn das Immunsystem aufgrund einer Virusinfektion herunterfährt, kann es zu einer Reaktivierung des Herpesvirus kommen." Während einer Pandemie, in der sich sehr viele Menschen gleichzeitig infizieren, seien vermehrte Gürtelrosefälle also nicht verwunderlich. (Jasmin Altrock, 13.6.2022)