Was hier wohl passiert?

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Der Sommer steht vor der Tür. Die Menschen zieht es hinaus in die Parks, in Schanigärten, auf die Donauinsel. Der Bürozwang ist in vielen Firmen Geschichte, und eigentlich spricht daher nichts dagegen, sich den Laptop oder das Tablet zu schnappen und einen Teil der Arbeit ins Freie zu verlagern. Ist der Akku voll, geht’s eigentlich nur mehr um die Internetanbindung. Und die ist laut offizieller Karte der Stadt Wien gut: 428 WLAN-Stationen bieten Gratis-Internet über die ganze Stadt verteilt. Dazu kommt freies Netz in Kaffeehäusern, Lokalen und andere Einrichtungen.

Gesagt, getan. Ein Bankerl im Stadtpark gesucht, Notebook aufgeklappt. Doch dann die große Ernüchterung. Da praktisch alle öffentlichen WLAN-Stationen außerhalb des Parks auf der gegenüberliegenden Seite des Rings platziert sind, ist das Signal äußerst schwach. Weder mit dem Handy noch mit dem Computer klappt die Verbindung auf Anhieb. Neben Fehlermeldungen baut sich manchmal das Log-in-Fenster auf, bleibt mangels Bandbreite dann aber im digitalen Nirwana stecken. Die Lösung: Beim U-Bahn-Ausgang Stadtpark gibt es laut Stadtplan-App eine Station mitten im Park. Also nichts wie hin.

Schnell ist anders

Neben dem Fußballkäfig sollte es klappen. Zwar drischt gerade ein Kind Bälle aufs Tor und hat bereits den einen oder anderen Ball über die offene Seite knapp an der dort befindlichen Parkbank vorbei geschossen, aber das bisschen Risiko muss sein. Tatsächlich klappt es nun mit dem Log-in-Fenster, wenngleich die Startseite einen zunächst mit Informationen der Stadt Wien, Touristeninfos und Aktivitäten im Bezirk verwirrt. Aber dann ist es geschafft. Die Internetverbindung wird akzeptiert; man bestätigt, keine dummen Sachen im Web anzustellen. Ein eigenes Profil ist nicht notwendig.

Auch im Park kann man dank öffentlichem WLAN arbeiten, wenn es denn funktioniert.
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Höllenschnelles Internet hat jetzt keiner erwartet. Aber die Bandbreite ist dann doch etwas ernüchternd. Die beim Geschwindigkeitstest angezeigten drei Megabit pro Sekunde sind trotz guter Signalstärke das höchste der Gefühle. Mit dieser Rate kann man maximal 23 Megabyte pro Minute herunterladen. Um E-Mails zu checken, einfache Webseiten aufzurufen und Videos in schlechter Qualität auf Youtube zu schauen geht das gerade. Bewegt man sich allerdings ein paar Meter aus dem unmittelbaren WLAN-Radius hinaus, sinkt die Verbindungsrate schnell auf unter zwei Megabit und weniger ab. Dann wartet man selbst bei Nachrichtenseiten darauf, dass sich die Bilder langsam aufbauen. An Videokonferenzen ist so jedenfalls nicht zu denken.

Zehn Jahre alte Systeme

Die Vermutung, dass das einst willkommen geheißene Netz schlichtweg in die Jahre gekommen ist, gibt auf STANDARD-Nachfrage auch die Stadt Wien unumwunden zu. Das System, das in der Leuchteninfrastruktur der Stadt Wien verbaut ist, geht auf das Jahr 2012 zurück – die Zeit der letzten EU-weiten Ausschreibung zu diesem Thema. Installiert wurden die meisten WLAN-Stationen im Jahr 2014, als Bestbieter zeichnete A1 Telekom für die Bereitstellung von Hardware-Komponenten und der Internetverbindung verantwortlich.

Mit Internet versorgt werden die WLAN-Stationen über unterschiedliche Technologien: Neben Kupferkabel kommen auch moderne Glasfaserleitungen und Mobilfunk zum Einsatz. Für die Nutzung spielt das allerdings keine Rolle. Alle Stationen sind auf maximal fünf Megabit pro Sekunde beschränkt. Sprich: Es ist überall langsam, auch wenn im Hintergrund mehr Bandbreite zur Verfügung stünde. Neben der stabilen Versorgung habe man damals auch Missbrauch verhindern wollen – etwa dass das kostenlose Netzwerk aus nahegelegenen Wohnungen mitgenutzt wird, heißt es vonseiten der Stadt Wien.

Heute wirken solche Vorsichtsmaßnahmen seltsam antiquiert. Die meisten Handyverträge inkludieren schnelles Internet mit riesigem Datenvolumen, und auch die meisten Haushalte sind in Wien gut angeschlossen. Die strikte Geschwindigkeitsbeschränkung des öffentlichen WLAN-Netzes soll daher aufgehoben werden, bestätigt Projektleiter Gerald Wötzl von der MA 33 dem STANDARD. Doch das ist noch lange nicht alles.

Modernisierung geplant

Vielmehr plant die Stadt die erste Grunderneuerung des Systems seit 2014 und bereitet dafür gerade eine neue Ausschreibung vor. Neben der Modernisierung der verwendeten WLAN-Router sollen auch die bestehenden Standorte unter die Lupe genommen werden. An Hotspots wie in der Innenstadt und bei anderen Sehenswürdigkeiten, wo erfahrungsgemäß viele Touristen zugreifen, sollen die Kapazitäten ausgebaut werden. Kaum genutzte Stationen könnten hingegen aufgelassen beziehungsweise beim Modernisierungsvorhaben hintangestellt werden.

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Aufgrund der Pandemie seien die Erfahrungswerte der vergangenen zwei Jahre leider kaum aussagekräftig. Neben ausländischen Besucherinnen sei das Angebot zuletzt aber vor allem von Schülerinnen, Personen aus einkommensschwachen Schichten sowie zum Arbeiten über Tablets oder Notebooks verwendet worden. Damit das auch in Zeiten von Videokonferenzen, datenhungrigen Apps und Social Media gut funktioniere, soll der Fokus bei der nun geplanten Modernisierung auf hoher Internetbandbreite liegen.

Ab wann der Austausch der WLAN-Stationen stattfinden kann, ist unklar. Zwar soll die Ausschreibung noch in diesem Jahr über die Bühne gehen, der globale Chipmangel und Lieferprobleme könnte auch bei diesem Projekt für Verzögerungen sorgen. Geplant sei jedenfalls, spätestens im kommenden Jahr die wichtigsten Standorte modernisiert zu haben.

Hoffen auf Google und Apple Maps

Eine bisher ungelöste Baustelle betrifft die Kartendienste von Google und Apple. Denn wer jetzt einen WLAN-Standort finden will, kann nicht etwa bei Google Maps oder Apple Maps nachsehen, sondern muss auf den digitalen Stadtplan der Stadt Wien ausweichen. Dieser wartet zwar mit verblüffend vielen Informationen auf, mit den modern gestalteten Apps der Techkonzerne mithalten kann die Webseite aber nicht.

Dass ausländische Touristen bei ihrem Wien-Besuch von den bekannten Karten-Apps auf den digitalen Wiener Stadtplan wechseln, darf zudem eher bezweifelt werden. Für den Neustart des öffentlichen WLANs in Wien bleibt also zu hoffen, dass die ohnehin öffentlich verfügbaren Informationen schnell auch im Kartenmaterial von Apple und Google Maps landen.

Bis dahin heißt es aber ohnehin "bitte warten". Auf ein zeitgemäßes öffentliches WLAN-Netz, das seinen Namen verdient. Und Stationen, die nicht außerhalb von Parks, sondern in diesen angebracht werden. (Martin Stepanek, 14.6.2022)