Multiperkussionist Martin Grubinger.

Foto: Lukas Beck

Was jetzt folge, habe eigentlich nichts mehr mit Musik zu tun, sondern eher mit Sport. So lautete Martin Grubingers Ankündigung seiner Zugabe, eine "Improvisation" über "Rudiments", also Trommelübungen, in denen er simple Grundmuster auf irrwitzige Art steigerte. Unter dem Titel Planet Rudiment sind Versionen dieser meisterlichen Spielerei online zu finden.

Der Abend zusammen mit den Wiener Symphonikern schien insgesamt unter einem geheimen Motto zu stehen: Effekt – oder wie sich dieser mit fundierter Musikalität vereinen lässt. Und zwar sowohl bei der Programmauswahl als auch bei den Interpretierenden.

Die ursprünglich vorgesehene Pianistin Yuja Wang hatte krankheitsbedingt ihr Mitwirken abgesagt, an ihrer statt übernahm Lukáš Vondráček den Solopart in Sergej Rachmaninows 1. Klavierkonzert: Kühn, outriert und dennoch stimmig gefiel er sich und dem Publikum in zugespitzter Virtuosität am schmalen Grat zwischen Ausdruck und Leerlauf.

Stupende Technik

Grubinger war seinerseits Solist im ihm auf den Leib geschriebenen Schlagzeugkonzert Frozen in Time von Avner Dorman. Da wird sehr deutlich, wie sehr Grubingers stupende Technik (etwa das gleichzeitige mehrstimmige Spiel auf mehreren Instrumenten) direkt in das Stück eingeflossen ist. Kompositorisch stehen Tanzrhythmen und modernistische Klangflächen etwas unvermittelt nebeneinander. Freilich erstrahlte das im Orchester in schönstem Licht. Denn Dirigent Lorenzo Viotti fühlt sich besonders dort wohl, wo es darum geht, aus der Sinnlichkeit des Klangs musikalischen Sinn zu entwickeln.

Das kam auch den drei reinen Orchesterwerken zugute: Brillant war Dmitri Schostakowitschs Festouvertüre op. 96, selbst wenn man sie etwas bissiger anlegen könnte. Michail Glinkas Ouvertüre zu Ruslan und Ludmila ließen die Symphoniker mit viel elegantem Schwung tanzen und schweben, Maurice Ravels La Valse war ein klangprächtiger, dennoch abgründiger kollektiver Taumel. Großer Jubel. (Daniel Ender, 14.6.2022)