Coinbase-Mitgründer und CEO Brian Armstrong hat wenig für die öffentlichen Beschwerden seiner Mitarbeiter übrig.

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Unternehmen in der Kryptoökonomie haben es derzeit nicht leicht. Infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine ist die Weltwirtschaft ohnehin bereits angeschlagen und vielerorts von Inflationssorgen geplagt, da wird die Lage auch noch durch einen veritablen Kryptocrash verschärft. Zuerst sorgte der Zusammenbruch des Terra-Ökosystems für Tumult. Beeinflusst davon zeigt sich nun auch, dass viele Investoren auch noch nicht gewillt sind, zu glauben, dass Bitcoin und Konsorten eine geeignete Alternative darstellen, wenn Fiatgeld unter Druck gerät. Der Vertrauensmangel schlägt sich nieder, die Krypto-Leitwährung ist auf dem tiefsten Stand seit langem und taumelt der 20.000-Dollar-Marke entgegen.

Diese Bedingungen sind auch für Kryptobörsen nicht gerade vorteilhaft. Coinbase, einer der bedeutendsten Umschlagplätze für Coins und Token vieler Art, zieht daraus Konsequenzen. Das Management kündigte an, "als Antwort auf die aktuelle Marktsituation und notwendige Geschäftspriorisierungen" einen bereits geltenden Aufnahmestopp zu verlängern. Man stellt keine neuen Mitarbeiter mehr an und besetzt vorläufig auch keine frei werdenden Posten mehr nach. Zudem werde man "eine Reihe an Stellenzusagen" wieder zurückziehen.

Protest

Der Aufruhr folgte auf den Fuß. Verschiedene Betroffene berichteten etwa, dass sie ihre alte Stelle gekündigt hatten, um bei Coinbase ihren Dienst antreten zu können und aufgrund der Rücknahme der versprochenen Anstellung nun arbeitslos seien.

Dieser nachvollziehbare Ärger dürfte interne Spannungen verstärkt haben. Coinbase-Mitarbeiter riefen eine Online-Petition ins Leben und forderten darin zahlreiche Manager des Unternehmens zur Räumung ihres Postens auf, da sie kein Vertrauen mehr zu ihnen hätten. Das betrifft Geschäftsführerin Emilie Choi, Produktchef Surojit Chatterjee und Personalchef LJ Brock, schreibt "Forbes".

Die Kritikpunkte betreffen nicht nur die jüngste Entwicklung. Sie werfen ihrem Arbeitgeber etwa vor, bestimmte Produkte zu sehr priorisiert und andere wichtige Investitionen, etwa in die Infrastruktur, vernachlässigt zu haben. Kritisiert wird auch der gefloppte Start der eigenen NFT-Plattform. Dazu sollen neue Formen von Incentives und Methoden zur Messung der Arbeitsperformance der Arbeitskultur geschadet haben. Und die aggressive Anstellungspolitik habe zu tausenden Neuzugängen geführt, was aufgrund der Volatilität des Kryptobusiness von Anfang an nicht nachhaltig gewesen sei.

Die Anstellungen hätten dennoch nicht zur Verbesserung von Produkten beigetragen. Außerdem würden wichtige Pläne und Ideen nicht transparent kommuniziert, und das Management benehme sich generell oft herablassend gegenüber den Angestellten.

Das Versagen der Führung und seine "unrealistischen Forderungen" hätten zum Kurseinbruch der Coinbase-Aktie beigetragen und somit auch die eigenen Investoren geschädigt. Es habe weiters der Moral unter den Mitarbeitern geschadet, und man riskiere zunehmend, dass talentierte Kolleginnen und Kollegen Coinbase den Rücken kehren.

Firmenchef Brian Armstrong reagierte per Twitter auf die Kritik – und nicht zum ersten Mal auf eine sehr konfrontative Art. Als Angestellte 2020 dagegen protestierten, dass Armstrong das Thematisieren gesellschaftlicher Probleme im Büro untersagte und "politische Neutralität" verordnete, bot er unzufriedenen Mitarbeitern ebenso öffentlichkeitswirksam an, dass er ihnen Abfindungen zahlen werde, wenn sie deswegen die Firma verlassen.

Den aktuellen Aufstand bezeichnet er als "auf mehreren Ebenen dumm". Wenn die Mitarbeiter eine Vertrauensabstimmung initiieren, solle sich dieser doch gegen ihn richten und nicht gegen das Management-Team. Schließlich stehe er an der Spitze von Coinbase. "Ich war ein bisschen beleidigt, nicht inkludiert zu sein", kommentierte er mit einem Zwinkersmiley.

Und erneut wählt er den "Nehmt es hin oder geht"-Zugang. "Wenn ihr kein Vertrauen in das Management oder den CEO eines Unternehmens habt, warum arbeitet ihr für das Unternehmen? Kündigt und sucht euch eine Firma, an die ihr glaubt!"

Gegen Kritik per se will er seine Äußerungen aber nicht gerichtet sehen. Man erwarte sogar, dass Mitarbeiter Anregungen machten, wie man das Unternehmen verbessern könne. Jedoch "ist unsere Kultur, in der Öffentlichkeit zu loben und hinter verschlossenen Türen zu kritisieren". Wer unzufrieden sei, solle ein Teamplayer sein und das Problem mitsamt einem Lösungsvorschlag präsentieren. "Wenn ihr das nicht könnt und stattdessen Leaks liefert oder euch öffentlich beschwert, dann kündigt. Danke!" (gpi, 14.6.2022)