Das neue Entlastungspaket fällt umfassend aus.

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Familien, Unternehmer, Arbeitslose und natürlich Arbeitnehmer: Das am Dienstag vorgestellte Entlastungpaket der Regierung hat einen extrem großen Adressatenkreis. So gut wie alle sollen von den Maßnahmen gegen die Teuerung profitieren, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Die politisch von ÖVP und Grünen fixierten Punkte werden den Staat einiges kosten. Ein Überblick über die geplanten Entlastungen, ihre Kosten und den Zeitpunkt, wann die Hilfen spürbar sein werden:

  • Finanziell der größte Brocken ist zumindest langfristig die Abschaffung der kalten Progression, also der schleichenden Steuererhöhungen. Diese soll am 1. Jänner 2023 kommen. Aktuell kennt das österreichische Steuersystem fixe Wertgrenzen. Wer zum Beispiel bis zu 11.000 Euro verdient, zahlt keine Einkommenssteuer, zwischen 11.000 und 18.000 Euro sind es 20 Prozent, der Steuersatz steigt dann immer so weiter. Die Wertgrenzen sollen künftig automatisch im Umfang von zwei Dritteln angehoben werden, und zwar im Umfang jenes Wertes, der der Inflation in einem Zwölfmonatszeitraum davor entspricht. Das ist die direkte Kompensation der kalten Progression. Per Gesetz soll fixiert werden, dass auch das restliche Drittel ausgeschüttet wird. Wie, darüber sollen Parlament und Regierung entscheiden. Die Ermittlung der kalten Progression, also des Volumens, das ausbezahlt werden muss, soll durch einen eigenen Bericht erfolgen, vermutlich erstellt vom Finanzministerium. Angehoben werden alle Wertgrenzen bis auf den Spitzensteuersatz von 55 Prozent, der allerdings nur Einkommensmillionäre betrifft.
  • Ebenfalls an die Inflation angepasst werden gewisse steuerliche Absetzbeträge wie der Verkehrsabsetzbetrag oder der Pensionistenabsetzbetrag, der zum Beispiel Pensionisten mit geringerem Einkommen unterstützen soll. Auch die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag sollen künftig mit der Inflation angepasst werden.
  • Dazu kommt nochmal ein Absetzbetrag in Höhe von 500 Euro, der Geringverdienern zur Verfügung stehen soll.
  • Neben diesen strukturell und langfristig wirkenden Maßnahmen gibt es eine Reihe von Entlastungen, die früher spürbar sein sollen. Dazu gehört eine deutliche Anhebung des Klimabonus, und zwar auf 500 Euro. Der eigentlich geplante Klimabonus, der als Kompensation gegen die Teuerung gedacht ist, soll auf 250 Euro steigen, und zwar für alle. Darauf kommen nun nochmals einmalig 250 Euro, und zwar als Ausgleich für die Teuerung. Für Kinder gibt es die halbe Summe. Während die Abschaffung der kalten Progression eine Forderung der ÖVP war, haben sich hier die Grünen durchgesetzt. Der Klimabonus soll als Vehikel dienen, mit dem nicht nur Verdiener entlastet werden, sondern auch weitere Gruppen wie Jobsuchende oder Mindesthilfebezieher.
  • Ebenfalls zu den Sofortmaßnahmen gehört, dass es für "vulnerable Gruppen" nochmals 300 Euro zusätzlich an Teuerungsausgleich geben wird. Das soll laut den Koalitionsverhandlern gut 600.000 Menschen betreffen, allen voran Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld, Studienbeihilfe oder Notstandshilfe.
  • Geld gibt es auch für Familien. Bereits im Zuge der vorangegangen Steuerreform wurde fixiert, bestimmte Familienleistungen zu erhöhen. Der Familienbonus sollte heuer und im kommenden Jahr schrittweise von 1.500 auf 2.000 Euro steigen. Der letzte Schritt wird vorgezogen, die 2.000 Euro sollen schon heuer erreicht werden. Auch der Kindermehrbetrag wird schneller steigen auf die bereits fixierten 450 Euro, und dieser wird nochmals um 100 Euro erhöht. Der Familienbonus entlastet Familien bei der Einkommenssteuer, davon profitieren also Besserverdiener mehr. Der Kindermehrbetrag steht Familien und Alleinerziehenden zu, die nicht so viel verdienen und den Familienbonus daher ansonsten nicht in Anspruch nehmen könnten. Diese Familienleistungen bleiben dauerhaft erhöht. Dazu kommen nochmals 180 Euro extra an Familienbeihilfe für jedes Kind heuer.
  • Geld gibt es schließlich für Unternehmer. So sollen mit 200 Millionen Euro Betriebe entschädigt werden, die besonders viel Strom in der Produktion brauchen. Dafür wird ein eigener Mechanismus geschaffen. Dazu kommt noch ein Topf mit 400 Millionen Euro für Betriebe, die mit erhöhten Energiekosten zu kämpfen haben.

Wann kommen diese Entlastungen? Es kommt darauf an: Der Ausgleich für die kalte Progression findet jährlich statt und wirkt sich das erste Mal erst 2023 aus. Der Klimabonus über 500 Euro wird im Herbst ausbezahlt, laut Plan im Oktober. Schneller gehen soll es bei gewissen Familienleistungen wie der Anhebung der Familienbeihilfe oder der Sonderzahlung für vulnerable Gruppen: Das könnte bereits im August oder September ausgeschüttet werden, die übrigen Entlastungsschritte kommen dann ebenfalls im Herbst. Auch bei notwendigen Gesetzen ist die Spannbreite noch groß, von "fast fertig" bis "es wird noch dauern".

Die Abschaffung der kalten Progression muss erst in den kommenden Wochen, also über den Sommer, in ein Gesetz gegossen werden. Die Details werden hier wichtig werden. Ein Teil der übrigen Maßnahmen könnte bereits im Sommer vom Nationalrat beschlossen werden, dafür sollen erste Beschlüsse schon am Mittwoch im Ministerrat den Weg freimachen.

Sechs-Milliarden-Euro-Paket

Und die Kosten? Die sind jedenfalls hoch. Regierungsvertreter beziffern allein die Ausgaben für die Sofortmaßnahmen, die heuer und im kommenden Jahr wirksam werden, auf sechs Milliarden Euro. Die Abschaffung der kalten Progression soll bis 2026 insgesamt 20 Milliarden Euro kosten. Die erwähnten Unternehmenshilfen belaufen sich auf 600 Millionen Euro im Jahr.

Laut Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) werden sich die 28 Mrd. Euro zur Hälfte durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen aufgrund der Inflation und zu einem Drittel durch höheren Konsum finanzieren. In Summe seien das 24 Milliarden Euro. Vier Milliarden müssen damit aus dem Budget finanziert werden. Wie Finanzminister Brunner in einem Hintergrundgespräch am Dienstag erörterte, erwarten die Wirtschaftsforscher keinen Anstieg der Inflation durch die Maßnahmen. Auswirkungen werden diese freilich auf das Budget haben.

Brunner bezeichnete die Abschaffung der Kalten Progression als Frage der Fairness, denn der Staat profitiere von der starken Inflation. "Ich bin froh, dass wir es schaffen, die kalte Progression abzuschaffen." Die Steuerzahler würden sich damit bis 2026 anhängig von der Inflationsentwicklung 15 bis 20 Mrd. Euro ersparen. "Es ist ein gewaltiger Wurf." (András Szigetvari, 14.6.2022)