2021 vertrauten noch 46,3 Prozent der Befragten in Österreich "meistens" Nachrichtenmedien insgesamt.

Foto: imago images/blickwinkel

Wien – Schlechte Nachrichten für die Nachrichtenbranche bringt die weltgrößte Umfrage über Medientrends mit mehr als 93.000 Befragten in 46 Ländern um den Globus: Das Vertrauen in Medien und Journalismus sinkt, mehr Menschen als zuvor meiden aktiv Nachrichten, geht aus dem neuen "Digital News Report" (DNR) hervor. Sie machten zu schlechte Stimmung, beschäftigten sich zu viel mit Politik und mit Covid-19. Die Trends zeigen sich auch in der Österreich-Auswertung.

In den Österreich-Daten ist das Vertrauen in Nachrichten(quellen) nach einem Zwischenhoch 2021 in der jüngsten Erhebung Anfang 2022 zurückgegangen.

  • 2021 vertrauten noch 46,3 Prozent der Befragten in Österreich "meistens" Nachrichtenmedien insgesamt. 2022 ging der Wert auf 40,6 Prozent zurück. Misstrauen in Nachrichtenmedien äußerten 29,2 Prozent – im Vorjahr waren es noch 25,3 Prozent der Befragten in Österreich.
  • Den selbst genutzten Nachrichtenquellen vertrauen in Österreich knapp 55 Prozent, ein Minus von 1,7 Prozentpunkten im Jahresvergleich. 18,6 Prozent misstrauen den selbst genutzten Nachrichtenmedien, 1,6 Prozent mehr.

Weltweit vertrauen 42 Prozent der Befragten meist den Nachrichten. Finnland erreicht den Spitzenwert von 69 Prozent mit Vertrauen. Die wenigsten vertrauen Medien in den USA mit nur 26 Prozent, drei Prozent Minus gegenüber 2021, sowie in der Slowakei.

Höchstes Vertrauen in ORF und STANDARD

Vertrauen in Nachrichtenmarken ging in Österreich ebenfalls zurück, laut "Digital News Report" am stärksten jenes in Puls-4-Nachrichten, Servus-TV-Nachrichten und oe24.at. Insgesamt lägen sie unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie.

Die höchsten Vertrauenswerte unter den Nachrichtenmarken haben laut Österreich-Bericht des DNR auch 2022 der ORF und DER STANDARD.

Hier wird das Vertrauen in Medien ausgewiesen, die die Befragten nach eigenen Angaben kennen, aber nicht unbedingt selbst nutzen.

Bitte keine (schlechten) Nachrichten!

Der "Digital News Report" stellt eine weltweite Abkehr der Öffentlichkeit von wesentlichen Nachrichten – der Pandemie, Russlands Invasion in die Ukraine und der Teuerung – fest, oder zumindest eine selektive Verweigerung.

Die Verbindung zwischen Journalismus und großen Teilen der Öffentlichkeit würde brüchig, zeigten rückläufige Vertrauenswerte und sinkendes Interesse an Nachrichten, stellen die Autoren des DNR fest.

Noch sieht der Report eine Mehrheit von Menschen, die Nachrichten regelmäßig verfolgen. Doch viele andere hätten sich entschieden, ihren Newskonsum zu beschränken – auf bestimmte Themen und Genres.

Deutlich mehr als ein Drittel der Befragten – 38 Prozent – gab diesmal in der Umfrage an, dass sie häufig oder zumindest manchmal Nachrichten gezielt aus dem Weg gehen. 2017 sagten das noch 29 Prozent.

In Brasilien und Großbritannien hat sich der Wert in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt – auf 54 Prozent beziehungsweise 46 Prozent.

Zu viel über Politik und Covid, zu viel schlechte Stimmung

Österreich liegt nicht weit vom britischen Wert: 13,5 Prozent geben an, Nachrichten "oft" bewusst zu meiden, weitere 25,4 Prozent "manchmal" – ergibt zusammen 38,9 Prozent. Mit weiteren 36,7 Prozent sind die "gelegentlichen" Nachrichtenvermeider die größte Gruppe.

Als häufigsten Grund für die Nachrichtenvermeidung nannten 53,4 Prozent, ihnen werde zu viel über Themen wie Politik oder das Coronavirus berichtet. 40,3 Prozent gaben an, die Nachrichten würden sich negativ auf ihre Stimmung auswirken, was wiederum zu einer Nachrichtenvermeidung führe.

Digitale Zahlungsbereitschaft steigt

Die Zahlungsbereitschaft für digitale Nachrichtenangebote hat 2022 in Österreich zugelegt, wie in den vergangenen Jahren in kleinen Schritten von rund 1,5 Prozentpunkten. 13,5 Prozent der Befragten gaben Anfang 2022 an, sie hätten im Vorjahr für Onlinenachrichten bezahlt, nach zwölf Prozent anno 2021.

Zugelegt hat die Zahlungsbereitschaft bei allen Altersgruppen unter 55, am stärksten bei den Menschen zwischen 35 und 44 Jahren mit plus 4,5 Prozentpunkten.

Am häufigsten wird eine laufende Zahlung wie ein Abonnement oder eine Mitgliedschaft geleistet (37,9 Prozent). Laut Umfrage ist in Österreich "Krone Pur" das beliebteste digitale Nachrichtenabonnement mit 22,8 Prozent, dicht gefolgt von DER STANDARD (19,0 Prozent) und der "Kleinen Zeitung" (18,7 Prozent).

Wichtigste Nachrichtenquelle

Vor allem junge Menschen hätten eine schwächere Verbindung zu Nachrichtenmarken, konstatieren die Autoren des "Digital News Report". Sie würden ihre News mehr und mehr über Plattformen wie Tiktok konsumieren.

In Österreich sind Social Media für Menschen unter 35 die wichtigste Nachrichtenquelle – die Inhalte können auch hier von traditionellen Medien kommen.

41,6 Prozent der Befragten zwischen 18 und 24 Jahren nennen Social Media als Hauptnachrichtenquelle – TV liegt hier mit 14 Prozent auf Platz zwei.

Podcasts nutzen laut "DNR" in Österreich 31 Prozent, zugelegt haben im Jahresvergleich vor allem Podcasts über spezifische Themen wie Technologie, Wissenschaft oder Wirtschaft.

Einschätzung: Einfluss von Politik und Wirtschaft

Was halten die Menschen von "den" Medien in Österreich? Der "Digital News Report" fragte ab, welche Interessen nach ihrer Einschätzung welche Rolle bei Medien spielen.

44,9 Prozent der Befragten in Österreich verneinen den Befund "Die Nachrichtenmedien in meinem Land sind meist unabhängig von unzulässigem Einfluss durch Politik oder Regierung". Nur 23,5 Prozent stimmen zu.

26 Prozent finden: "Die Nachrichtenmedien in meinem Land sind meist unabhängig von unzulässigem Einfluss durch Unternehmen und andere kommerzielle Aktivitäten." 39,2 Prozent verneinen das in Österreich.

Welche Prioritäten haben Nachrichtenmedien nach Ansicht der in Österreich Befragten? Stellen sie kommerzielle Interessen "vor das, was am besten für die Gesellschaft ist?", fragte der DNR. 12,7 Prozent bejahen das für "alle" Medien, 30,4 für "die meisten" und 27 Prozent "für manche". Nur 12,1 Prozent sagten, gesellschaftliche Interessen stünden für Medien im Vordergrund.

Ähnlich das Bild auf die Frage nach eigenen politischen versus gesellschaftlichen Interessen. 10,8 Prozent bejahen für "alle" Medien die Priorität eigener politischer Interessen, 25,9 Prozent für "die meisten" und 32,8 Prozent für manche Medien.

(fid, 15.6.2022)