Laut Klimaministerin Leonore Gewessler erfüllt die EU-Kommission mit dem grünen Label für Atomenergie "die Wünsche der Atomlobby".

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Brüssel – Die zuständigen Ausschüsse im EU-Parlament haben sich gegen den Vorschlag der EU-Kommission, Investitionen in Gas und Atomkraft als klimafreundlich zu definieren, ausgesprochen. 76 EU-Abgeordnete votierten am Dienstag gegen den Plan der EU-Behörde, 62 dafür und vier enthielten sich, wie das EU-Parlament mitteilte. Die endgültige Entscheidung fällt jedoch im Plenum Anfang Juli. Heftiger Widerstand gegen den Kommissionsvorschlag kommt vor allem aus Österreich.

Mit der sogenannten Taxonomie will die Kommission festlegen, welche Finanzinvestitionen künftig als klimafreundlich gelten sollen, um mehr Geld in nachhaltige Technologien und Unternehmen zu lenken. Dadurch soll wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beigetragen werden. EU-Berechnungen zufolge braucht es dazu pro Jahr 350 Milliarden Euro aus privaten Investitionen.

Gewessler: Greenwashing für Atomenergie und Gas

Österreich kündigte für den Fall des Inkrafttretens der Taxonomie mit "grüner" Atomkraft eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Die Taxonomie-Entscheidung der EU-Kommission sei ein "Greenwashing-Programm für Atomenergie und fossiles Erdgas", hatte Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Februar kritisiert. Die Kommission erfülle "vor allem die Wünsche der Atomlobby". Dennoch sei das Ergebnis der Abstimmung in den beiden Ausschüssen sehr erfreulich. "Nuklearenergie und Gas haben in der Taxonomie nichts verloren. Jetzt braucht es dieselbe Entscheidung im Plenum des Europaparlaments, dann kann der delegierte Rechtsakt nicht in Kraft treten", so Gewessler.

Auch aus den Reihen der österreichischen EU-Abgeordneten und Umweltorganisationen hagelte es Kritik. "Eine 'grüne' Atomkraft gibt es nicht, und daher dürfen auch Investitionen in die Atomkraft kein grünes Mascherl bekommen", sagten die ÖVP-Europaabgeordneten Othmar Karas und Alexander Bernhuber laut Aussendung.

Das geplante Inkrafttreten der neuen Regeln lässt sich noch verhindern, wenn 20 der 27 EU-Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung oder eine absolute Mehrheit im Europaparlament dagegen stimmen. Dass sich die Mitgliedsländer noch dagegenstellen, gilt als unwahrscheinlich. Die EU-Mandatare entscheiden endgültig im Juli. Stimmen sie dagegen, müsste die EU-Kommission ihren Vorschlag zurückziehen oder ändern. (APA, 14.6.2022)