Anna Köck erhielt den Würdigungspreis des Wissenschaftsministeriums.
Foto: Marylou Favre

Die Diagnose Krebs zieht jedem erst einmal den Boden unter den Füßen weg. Doch noch schlimmer ist es, wenn man von einer Form betroffen ist, welche nicht oder nur schwer behandelbar ist.

Dies ist etwa bei Lungenkrebserkrankungen der Fall, denen eine Mutation des Kras-Gens zugrunde liegt. Dieses Protein ist aufgrund seiner Struktur bisher durch klassische Inhibitoren nicht angreifbar. Im Zuge ihrer Masterarbeit untersuchte Anna Köck, Studierende der FH Campus Wien, am Nationalen Krebsforschungsinstitut in Madrid einen neuen Ansatz für eine vielversprechende Therapieform.

Krebs entsteht, wenn sich Zellen unkontrolliert teilen. Grund hierfür sind Mutationen von Genen, die die Zellteilungen steuern, unter anderem das Gen Kras. In normalen Zellen wechselt Kras zwischen einem aktiven und inaktiven Status und gibt Signale durch eine Kaskade an Proteinen, so auch Raf-1, weiter. Weist eine Zelle Kras-Mutationen auf, dann bleibt Kras dauerhaft aktiv, was zu unkontrollierbaren Zellteilungen führt.

Vielversprechende Ergebnisse

Jede einzelne Zelle im menschlichen Körper besitzt Mechanismen, womit alte oder fehlerhafte Proteine abgebaut werden können. Dazu kennzeichnet die "Markierungsmaschine" der Zelle die Proteine, die entsorgt werden sollen. Im zweiten Schritt kommt der zellinterne Müllschlucker, das Proteasom, und baut markierte Proteine ab. Dieses System nutzte Köck für den Abbau von Raf-1, um den Signalweg in Kras-mutierten Zellen zu unterbrechen und somit unkontrollierte Zellteilungen zu verhindern.

Neue Wirkstoffe, sogenannte Protacs (proteolysis targeting chimeras), fungieren als Bindeglied zwischen dem Zielprotein und der Markierungsmaschine und zwingen Raf-1 eine Markierung zum Abbau auf. Im Gegensatz zu klassischen Inhibitoren, die die enzymatische Funktion eines Proteins hemmen, haben Protacs den Vorteil, das gesamte Protein abbauen zu können, was selbst bei bisher "unangreifbare" Proteinen funktioniert.

Die Versuche zeigten in vitro, mithilfe von Zellkulturen, vielversprechende Ergebnisse für den Abbau von Zielproteinen. In vivo, am lebenden Organismus, wird es komplizierter, und Abbaueffizienz, Toxizität und therapeutischer Effekt auf die Krebsentwicklung müssen noch weiter untersucht werden. Generell stecken Protacs noch in den Kinderschuhen und müssen sich erst als Medikament beweisen. "Das ist also nur ein winzig kleiner Beitrag in einer langen Reise", sagt Köck.

Die FH Campus Wien nominierte Köck für den Würdigungspreis des Wissenschaftsministeriums, der ihr im November 2021 verliehen wurde. In ihrer Doktorarbeit an der Universität Lausanne möchte sie sich nun mit den zellulären Mechanismen von Endothelzellen auseinandersetzen.

Diese befinden sich an der Innenseite von Blutgefäßen und erfüllen den Zweck, Nährstoffe und Sauerstoff aus dem Blut zu umliegenden Zellen zu transportieren. Die Grundlagenforschung zu Endothelzellen ist wichtig, da beispielsweise Tumoren abnormale Blutgefäße aufweisen und auch Medikamente Endothelzellen passieren müssen, um an ihr Ziel zu gelangen. (Karin Grabner, 20.6.2022)