Paul McCartney wird am Samstag 80 – und steht immer noch auf der Bühne. Happy Birthday!

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Schon wieder ein Thronjubiläum! Anders als beim vererbten Adel der Queen hat dieser Jubilar seine Nähe zur Göttlichkeit vor der Welt tatsächlich bewiesen. Mehr als einmal: Paul McCartney feiert am kommenden Samstag seinen 80er. Ihn sollte man den König des Pop nennen, doch Michael Jackson, selig, wurde an seiner statt so gerufen, da müsste man jetzt eigentlich drüber diskutieren. Aber mit Jackson hat Sir Paul natürlich musiziert, als G2-Gipfeltreffen des Pop gewissermaßen, aber als Jackson dann die Beatles-Rechte hinter McCartneys Rücken erstanden hatte, war es mit der Freundschaft wieder vorbei. Verständlich.

Von den 80 Jahren verbrachte McCartney ein Achtel der Zeit bei den Beatles. Mit der britischen Band hat er ein Weltkulturerbe erschaffen. Einen Kanon, der unberührbar ist und bis heute nachwirkt. Wer am vergangenen Samstag beim Nova Rock den Auftritt von Mando Diao gesehen hat, konnte wieder einmal miterleben, was damit gemeint ist – und da hat man das Wort Oasis noch gar nicht gedacht.

Die Kassa klingelt

Aus einem Working-Class-Kid aus Liverpool wurde einer der reichsten Musiker der Welt. Während Sie diesen Text lesen, klingelt bei McCartney die Kassa. Das tut sie immer. Auch wenn er schläft, sich die Zehennägel oder die Rosen im Garten eines seiner Anwesen schneidet. Schon wegen des Kassaklingelns muss er einen Tinnitus haben, von der Beatlemania ganz zu schweigen.

1965 – Pop-Adel trifft auf "richtigen" Adel.
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So nannte man jenes Gekreisch, das Elvis seinen Fans entlockt hatte und das sich bei den Beatles als transatlantisch nachwirkendes Phänomen wiederholte, egal wo sie auftauchten. Außer in Salzburg.

Als die Beatles 1965 in Obertauern ihren Film Help! drehten, wurden sie von den Eingeborenen bei ihrer Landung in Salzburg mit "Beatles Go Home!"-Schildern empfangen. Manche erkennen Göttlichkeit nicht einmal, wenn sie extra für sie eingeflogen wird.

Der nette Beatle

Doch Paul ist nachsichtig. Er galt in der Familienaufstellung der Fab Four immer als der weiche, der nette Beatle. Dazu hat er einiges beigetragen.

In den 1980ern mit seiner Frau Linda.
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Von Bob Dylan wurde er 1964 in die Welt des Kiffens eingeführt, und erst vor fünf Jahren soll er damit wieder aufgehört haben. Wegen der Vorbildwirkung für die Enkelkinder, wie es heißt. "Wo ist der Opa?" "Der ist breit." Das will niemand hören.

Revisionismusversuch

Dabei war er diesbezüglich ein Überzeugungstäter. Mehrere Male war er wegen des Rauchgrases in polizeilichem Gewahrsam, in den 1980ern saß er in Japan gleich neun Tage lang ein, bevor er unehrenhaft, aber straffrei wieder ausgeflogen wurde, in die USA durfte er wegen seiner Gewohnheit länger nicht einreisen.

Und ganz locker hat ihn die Kifferei nicht gemacht. Man erinnere sich an seinen würdelosen Versuch, die Marke Lennon/McCartney nach Lennons Tod in "McCartney/Lennon" zu ändern. Ein Revisionismusversuch, den die Fans mit Unverständnis wahrgenommen haben. An Yoko Onos "Nope" prallte das narzisstische Ansinnen ab, ein Fleck am Hemd ist geblieben.

PaulMcCartneyVEVO

Die Episode zeigt letztlich bloß, dass McCartney immer noch unter dem übermächtigen John Lennon und dessen Mythos leidet; er fühlt sich da als zu Unrecht nachgereiht. Dabei thront der Autor von Songs wie Yesterday, Hey Jude, Maybe I’m Amazed und dutzenden anderen Weltnummern ohnehin im Olymp der Popkultur.

Altersstarrsinn

Als dermaßen verehrte Gestalt wuchs er über die Jahre in die Rolle des Elder Statesman, lässt sich von nachfolgenden Generationen hofieren, das schmeichelt ihm merklich. Dabei ist er sich nicht zu blöd, immer noch ein bisserl über die Rolling Stones zu lästern, die er zuletzt in einem Anfall von, nennen wir es Altersstarrsinn eine Blues-Coverband nannte, was der andere Sir, Mick Jagger, wie ein solcher parierte. Allen Sticheleien zum Trotze ist man natürlich befreundet. Selbst bezüglich der Fitness sind sich die beiden ähnlich, auch wenn Jagger gerade an Corona laboriert.

McCartney veröffentlichte sein letztes Album erst 2020 und beendet dieser Tage in den USA seine Got Back-Tournee. Gerade rechtzeitig, um zum 80er zu Hause zu sein, bei seiner dritten Frau Nancy Shevell und seinen fünf Kindern und seinen Enkeln. Die werden genau aufpassen, ob bei der Party nicht doch irgendwo süßlich riechende Rauchschwaden aufsteigen ... (Karl Fluch, 15.6.2022)