Vielfältig wie die Regenbogenfahne: Der Verfassungsgerichtshof sagte Ja zu alternativen Geschlechtsidentitäten, das Meldegesetz zieht nach.

foto: imago/blickwinkel

Wien – Es ist nur eine Zeile in einem behördlichen Dokument – und doch ein weiterer Schritt hin zu mehr Akzeptanz verschiedener Geschlechter.

Laut Informationen des STANDARD liegt dem Ministerrat heute, Mittwoch, ein Beschluss vor, mit dem die Geschlechtseintragungen auf Meldezetteln geändert werden soll. Statt der bis dato vorgedruckten – und wahlweise anzukreuzenden – zwei Kategorien "männlich" und "weiblich" soll es künftig sechs Möglichkeiten geben: "Männlich", "weiblich", "divers", "inter", "offen" sowie "keine Angabe".

Mit diesem von der schwarzgrünen Regierungskoalition vereinbarten Schritt soll ein Erkenntnis der Verfassungsgerichtshofes von vor genau vier Jahren umgesetzt werden. Am 15. Juni 2018 hatte das Höchstgericht entschieden, dass "intersexuelle Personen ein Recht auf individuelle Geschlechtsidentität und eine ihrer Geschlechtlichkeit entsprechende Eintragung im Personenstandsregister" haben.

Binäre Mann-Frau-Alternative zu starr

Im Lichte des Menschenrechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens bestehe keine Verpflichtung, behördliche Geschlechtseintragungen auf die binäre Mann-Frau-Alternative "starr" zu beschränken. Vielmehr sei "der Begriff des Geschlechts ist so allgemein", dass er auch alternative Geschlechtsidentitäten miteinschließt, befand das Höchstgericht.

Es hatte ohne Setzen einer Frist entschieden, was den langen Zeitraum zwischen dem Spruch und dessen nunmehr geplanter Umsetzung im Meldegesetz erklären mag. In der Zwischenzeit wurden die Geschlechtseintragungen in vielen anderen Formularen diversifiziert.

Anwalt Graupner: "Positiver Schritt"

Dass das nun auch in den offiziellen Meldezetteln geschieht, bewertet der Wiener Anwalt und erfolgreiche LGBTIQA+-Vertreter Helmut Graupner als "positiven, erfreulichen Schritt". Doch er kann sich auch eine einfachere Lösung vorstellen: "Meines Erachtens könnte man auf die Frage nach dem Geschlecht überhaupt verzichten". Denn dabei handle es sich um eine individuelle, private Charakteristik ohne behördlichen Mehrwert. Rechtlich umgesetzt wurde ein solcher Vorschlag jedoch noch nirgends.

Die Änderungen im Meldegesetz sollen nach dem Ministerratsbeschluss in den zuständigen Nationalratsausschuss kommen. (Irene Brickner, 15.6.2022)