Wolfgang Fellner und Anwalt Michael Rami vor einer der vielen Gerichtsverhandlungen.

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Wien – Das Landesgericht für Zivilrechtssachen hat eine Klage von Medienmacher Wolfgang Fellner gegen Katia Wagner abgewiesen. Tonbandaufnahmen seien im "berechtigten Interesse der Beklagten an der Dokumentation der Belästigungen durch ihren damaligen 'Vorgesetzten' Wolfgang Fellner", entschied Richter Ulrich Pesendorfer in seiner nicht rechtskräftigen Entscheidung. Fellner kann dagegen noch Rechtsmittel einlegen.

Zudem sei in diesem Fall "das berechtigte Interesse der Allgemeinheit, Missstände und Verfehlungen einer Person der Zeitgeschichte zu dokumentieren, zu berücksichtigen", heißt es in der Entscheidung. Wagner hat Inhalte der aufgezeichneten Gespräche dem STANDARD-Journalisten Laurin Lorenz zur Verfügung gestellt und sie, als Wolfgang Fellner sie in einem Verfahren vor dem Straflandesgericht als unwahr leugnete, dem Gericht vorgelegt. Fellner bekannte sich daraufhin in der Verhandlung schuldig.

"Nachvollziehbares Interesse"

In der Weitergabe der Inhalte sieht der Richter "ein nachvollziehbares Interesse der Beklagten, einen Nachweis für die verbalen Belästigungen durch den Kläger zu haben, insbesondere deshalb, weil er in einem Medium die Aussagen (laut Gesprächsmitschnitt) als falsch bezeichnete und die Beklagte damit der Lüge zieh".

Mit der Weitergabe konnte sich laut Urteil "die Öffentlichkeit (...) selbst ein Bild über die persönliche Integrität des Klägers machen, der den Konflikt mit der Beklagten selbst in den Medien stark forcierte und an die Öffentlichkeit brachte. Da es sich beim Kläger um eine Person des öffentlichen Lebens handelt, er viel Einfluss in der österreichischen Medienwelt ausübt und somit als 'public figure' zu qualifizieren ist, hat der Kläger auch mehr Kritik auszuhalten. Eine besondere Schutzwürdigkeit des Klägers ist nicht erkennbar." Die Verwendung der Transkripte dafür sei das "gelindeste Mittel".

"Exemplarische" Entscheidung

Wagners Anwalt Michael Rami spricht auf Twitter von einer "exemplarischen" Entscheidung, im "Falter" von einem "juristischen Meilenstein". Thema: Beweismittel in Belästigungsverfahren.

"Sehr einflussreiche Person des öffentlichen Lebens"

In der auch dem STANDARD vorliegenden, nicht rechtskräftigen Entscheidung heißt es wörtlich etwa: "Das Interesse der Beklagten, die beschriebenen verbalen Belästigungen durch den Kläger aufzuzeigen, noch dazu, da es sich hierbei erstens um Vorwürfe der sexuellen Belästigung durch einen Vorgesetzten und zweitens beim Kläger um eine sehr einflussreiche Person des öffentlichen Lebens handelt und Missstände und Verfehlungen einer Person der Zeitgeschichte ansonsten nicht der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden können, war daher höherwertiger als das Interesse des Klägers auf Achtung seiner Persönlichkeit, des Datenschutzes und das Interesse, die verbalen Belästigungen unbewiesen zu belassen."

"Anwaltschaftlicher Rat"

Rechtsanwalt Michael Rami vertritt Katia Wagner ebenso gegen Wolfgang Fellner wie Raphaela Scharf und weitere Frauen, die gegenüber dem Medienmacher – von diesem dementierte – Belästigungsvorwürfe erheben. Rami schreibt auf Twitter zur aktuellen Entscheidung des Zivillandesgerichts: "Ein anwaltschaftlicher Rat: Man sollte niemand geheim aufnehmen, das ist verboten. Ausnahme: Man wird von mächtigen Menschen belästigt!" (fid, 14.6.2022)