Die Ad-hoc-Sitzung war für 11 Uhr anberaumt, einige Ratsmitglieder hatten dafür eine Reise nach Mailand abgesagt.

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Frankfurt – Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) halten am Mittwoch eine außerordentliche Ratssitzung ab, um die Folgen der jüngsten Verkaufswelle am Anleihenmarkt zu erörtern. "Der EZB-Rat wird am Mittwoch eine Ad-hoc-Sitzung abhalten, um die aktuellen Marktbedingungen zu diskutieren", sagte ein Sprecher der Euro-Notenbank am Mittwoch. Laut mehreren Insidern war die Sitzung für 11 Uhr anberaumt. Es sei aber noch nicht klar, ob eine Mitteilung veröffentlicht wird.

Einige Ratsmitglieder, die an diesem Mittwoch eigentlich auf einer Veranstaltung in Mailand erwartet wurden, hätten wegen der Ratssitzung ihre Reise dorthin abgesagt. Im Zuge der Nachricht legte der Euro um 0,5 Prozent auf 1,0461 Dollar zu. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen fiel im Gegenzug um fast 18 Basispunkte auf 4,03 Prozent.

Zinserhöhungen angekündigt

Die EZB hatte am Donnerstag auf ihrer jüngsten Zinssitzung eine Reihe von Zinserhöhungen angekündigt. Seitdem waren die Renditen von Anleihen stark gestiegen. Der Renditeabstand (Spread) zwischen den Staatsanleihen Deutschlands und denen höher verschuldeter südlicher Euro-Länder, insbesondere Italien, war auf den höchsten Stand seit über zwei Jahren geklettert. Für solche stärker verschuldeten Euro-Länder könnten die höheren Risikoaufschläge Experten zufolge zu einem Problem werden.

Laut EZB-Direktorin Isabel Schnabel beobachtet die Notenbank die Entwicklung am Anleihenmarkt genau. In einem Vortrag in Paris sagte sie am Dienstag, die Geldpolitik könne und solle auf eine ungeordnete Neubewertung von Risikoaufschlägen reagieren, die die Preisstabilität bedrohe und die Maßnahmen der Notenbank durchkreuze. Nötigenfalls werde die EZB auch neue Instrumente entwickeln und einsetzen. Diese könnten unterschiedlich ausgestaltet werden und würden innerhalb des Mandats verbleiben, sagte sie.

Wiederanlage im Bond-Kaufprogramm als erste Maßnahme

Ein erstes Gegenmittel, um die Renditenabstände einzudämmen, ist der deutschen EZB-Direktorin zufolge die flexible Wiederanlage der Gelder aus abgelaufenen Anleihen im Rahmen des billionenschweren Bond-Kaufprogramms PEPP. Die Euro-Notenbank kann laut Schnabel in sehr kurzer Zeit Antworten finden, sollte die Geldpolitik gefährdet sein. (APA, 15.6.2022)