Ein Gedenkfriedhof in Potočari nahe Srebrenica in Bosnien.

Foto: AP / Darko Bandic

Wien – Zum 27. Jahrestag des Völkermordes von Srebrenica, dem 11. Juli, will der Nationalrat den Mord an rund 8.000 Männern und Burschen in der ostbosnischen Stadt offiziell in einer Entschließung verurteilen. "Die unterfertigten Abgeordneten verurteilen den Völkermord in Srebrenica aufs Schärfste und erklären entschieden, dass solche fürchterlichen Verbrechen nie wieder verübt werden dürfen", heißt es in einem von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos eingebrachten Antrag.

"Um eine friedliche Zukunft und ein gedeihliches Miteinander zu gewährleisten, ist es notwendig, dass sich alle politischen Vertreterinnen und Vertreter – sei es in Bosnien und Herzegowina, aber auch weltweit – mit den dunkelsten Kapiteln der Geschichte auseinandersetzen und die Vergangenheit anerkennen", betonen die Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne), Reinhold Lopatka (ÖVP), Harald Troch (SPÖ) und Helmut Brandstätter (Neos). Sie begrüßten auch die Entscheidung der bosnischen Regierung, den 11. Juli als nationalen Trauertag in Bosnien-Herzegowina auszurufen. Die FPÖ schloss sich dem Antrag nicht an.

Ernst-Dziedzic erfreut

Der Völkermord von Srebrenica gilt als größtes Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Er wurde verübt, nachdem bosnisch-serbische Truppen die ostbosnische Uno-Schutzzone überrannten. Die Gräueltat führte dazu, dass die Nato ihre Luftangriffe gegenüber den bosnisch-serbischen Aggressoren verstärkte und innerhalb weniger Wochen in die Knie zwang. Im November wurde auf der US-Luftwaffenbasis Dayton unter der Schirmherrschaft der Präsidenten Jugoslawiens, Slobodan Milošević, und Kroatiens, Franjo Tuđman, ein Friedensvertrag für das Balkanland geschlossen. Srebrenica wurde dabei zum Teil der neu geschaffenen bosnischen Serbenrepublik. Dort wird der Völkermord von führenden politischen Vertretern nicht als solcher anerkannt.

Der Antrag wird zunächst im außenpolitischen Ausschuss behandelt, ehe er im Plenum beschlossen werden soll. Die Erstunterzeichnete Ernst-Dzieczic zeigte sich erfreut, "dass es erstmalig in Österreich gelungen ist, einen von vier Parteien getragenen Antrag zur Verurteilung des Genozids in Srebrenica einzubringen, in dem das größte Kriegsverbrechen auf europäischem Boden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nämlich der Völkermord in Srebrenica, auch explizit als solcher benannt und daran erinnert wird".

Ernst-Dziedzic und ihre Abgeordnetenkollegin Bedrana Ribo, die selbst bosnischer Abstammung ist, wollen am heurigen Srebrenica-Gedenken teilnehmen. Sie äußerten die Hoffnung, dass weitere Parlamente in Europa dem Beispiel des Nationalrats folgen werden. (APA, 15.6.2022)