Der Pixel-Look wurde hochwertig ins Jahr 2022 transportiert. Nur eine Stärke des Spiels.

Foto: Dotemu

Der Charme längst vergangener Tage lässt sich nicht oft reproduzieren. Der Lieblingsfilm aus den 1980er-Jahren wirkt heute unverhältnismäßig träge, der Song, der einen durch die Pubertät getragen hat, wirkt ausgeleiert und fad. Auch 30 Jahre alte Videospiele dieser Tage neu zu erleben endet nur selten mit einem Endorphinschub – vielmehr fragt man sich oft, wie man das damals ertragen konnte.

Umso schöner ist es, dass sich manche Entwickler zum Ziel gesetzt haben, den alten Charme solch in die Jahre gekommener Spiele in modernes Gewand zu stecken. Ja, auch das kann schiefgehen, aber Tribute Games zeigen mit "Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder’s Revenge", wie man es richtig macht.

Dotemu

Familienpizza

Über die Story brauchen wir nicht allzu viele Worte verlieren. Wie der Titel verrät, greift erneut der Schurke Shredder New York City an, und nur die Turtles können ihm die Stirn bieten. Weil die Bedrohung diesmal besonders gefährlich scheint, greifen erstmals auch April O’Neil und Meister Splinter ins Geschehen ein. So können tatsächlich bis zu sechs Spieler gleichzeitig den Story-Modus durchspielen – online oder lokal. Zugegeben, bei so vielen Figuren am Bildschirm geht die Übersichtlichkeit völlig verloren, aber für einen lustigen Partyabend taugt der Modus in jedem Fall.

Egal ob mit Freunden oder allein, das Spielgefühl der einzelnen Charaktere ist wirklich gelungen. Auch wenn die Optionen zunächst nicht mannigfaltig wirken, geschicktes Abrollen, eine Sprungattacke, ein Powerangriff und einiges mehr bieten dann doch ausreichend Variablen, um zusammen mit der sehr präzisen Steuerung freudestrahlend auch länger am Joypad verweilen zu wollen. Hinzu kommen freischaltbare Fähigkeiten, die zumindest im Story-Modus das Leben zusätzlich leichter machen. Challenges und Nebenaufgaben, etwa in einem Abschnitt nicht getroffen zu werden, bieten eine zusätzliche Motivation für Besser-Spieler.

Im Arcade-Modus fallen erlernbare Fähigkeiten weg, genau wie die unendlich verfügbaren Leben. Auch das Wechseln des Charakters nach einer Unterbrechung ist nur im Story-Modus möglich. Der Modus heißt nicht umsonst Arcade-Modus. Wer aufgibt oder keine Leben mehr hat, muss beim nächsten Mal von vorne beginnen.

Besonders nutzerfreundlich ist die Tatsache, dass man jederzeit in das Spiel eines Freundes einsteigen oder online aufgetauchte Kollegen in sein Spiel einladen kann.

Bei mehreren Spielern wird das Geschehen manchmal chaotisch, aber auch der Spaß steigt passend zur Anzahl an Spielern.
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Immer auf der Lauer

Optisch ist das Spiel ein Fest für 16-Bit-Fans. Der an ältere Teile der Serie angelehnte Stil glänzt allerdings mit flüssigen Animationen und unzähligen Verspieltheiten, die das Geschehen am Bildschirm lebendig wirken lassen. Im Hintergrund spielen Foot-Soldier etwa Game Boy, springen aus Kisten oder aber reiten auf Motorrädern ein. Man hat das Gefühl, es passiert immer etwas. Und obwohl man eigentlich nur von links nach rechts läuft, wird man nicht müde, Shredders frechen Fußsoldaten mit dem vorhandenen Kampf-Repertoire Manieren zu lehren.

Krachende Soundeffekte und bekannte Musikstücke runden das Geschehen wunderbar ab. Am Ende sind es allerdings die kleinen Details, die dieses Spiel von der sonstigen Stangenware am Markt abheben. Etwa wenn April für den Powerschlag ein Kamerastativ aus der Tasche zieht, Michelangelo zur Motivation ein Stück Pizza isst oder eingefleischte Fans merken, dass für die Sprecher der Turtles die Schauspieler der Comic-Serie aus dem Jahr 1987 engagiert wurden. Es sind ganz viele solcher kleinen Anspielungen, auch an die Filme oder generell das Franchise, sodass man den Entwicklern unmöglich absprechen kann, dass dieses Spiel ein Herzensprojekt war.

"Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder’s Revenge" wird etwa 25 Euro kosten und am 16. Juni 2022 für Windows PC, Playstation 4, Xbox One und Nintendo Switch erscheinen. Getestet wurde auf der Playstation 5, das Muster wurde für den Test von Dotemu zur Verfügung gestellt.

In manchen Abschnitten darf man auch fahrbare Untersätze nutzen – ach ja, und es gibt noch einen siebenten Charakter freizuspielen.
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Fazit

Das simple Spielkonzept der 1990er-Jahre mit mehr Tiefgang und einer modernen Dynamik zu versehen ist eigentlich schon ein Glanzstück für sich – dazu auch den optischen und soundtechnischen Untergrund zu schaffen, sodass Menschen der Generation X allein beim Intro wohlige Kindheitserinnerungen wie eine zu stark gesalzene Pizza ins Hirn schießen, stellt die Krönung eines wirklich gelungenen Partyspiels dar.

Wer Freunde in ähnlichem Alter oder passend alte Kinder an der Hand hat, die gemeinsam zum Nunchuk oder Schwert greifen wollen, der findet derzeit keine unterhaltsamere Alternative auf PC oder Konsole. Ja, ich muss es sagen: Cowabunga! (Alexander Amon, 15.6.2022)