Die Fed schraubt die Zinsen weiter nach oben und will damit die Inflation in den Griff bekommen.

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Die Währungshüter der Fed haben den Leitzins um 75 Basispunkte angehoben. Das ist viel – bisher wurden die Zinsen meist in Schritten von 25 Basispunkten angehoben. Zuletzt hatte die Fed 1994 die Zinsen derart erhöht. Das zeigt, dass die Notenbanker das Problem der Inflation erkannt haben. Der Preisauftrieb verteuert das Leben der Amerikaner. Verlieren sie ihre Konsumlaune, bedroht das die US-Wirtschaft recht rasch. Das US-BIP hängt zu knapp 70 Prozent an den Ausgaben privater Haushalte. Je mehr konsumiert wird, desto schneller wächst die Wirtschaft. Doch hier wird es nun heikel.

Die Amerikaner shoppen gerne auch auf Pump. Die Kreditkarten werden belastet, Ratenzahlungen gerne angenommen. Rund 60 Prozent der amerikanischen Bevölkerung reizen ihr Limit bei Kreditkarten regelmäßig aus oder überziehen diese. Als Sparfüchse sind die Amerikaner ebenso nicht bekannt. Erst im Zuge der Pandemie, als Geld aufgrund diverser Schließungen nicht ausgegeben werde konnte, stieg die Sparquote an.

Schulden werden teurer

Erhöhte Leitzinsen führen auch dazu, dass die Kosten für die Verschuldung steigen. Das werden all jene spüren, die offene Kredite haben, die keiner Fixverzinsung unterliegen. JPMorgan Chase hatte unmittelbar nach der Fed-Entscheidung bekanntgegeben, die Kreditzinsen ebenfalls um 75 Basispunkte auf 4,75 Prozent anzuheben. In den kommenden Tagen wird wohl jeder offene Kredit für Autos, Immobilien und andere Güter steigen. Auch die Kreditkartenanbieter werden nachziehen. Das trifft die Bevölkerung stark, die aufgrund der hohen Inflation ohnehin schon für Energie, Sprit und Lebensmittel tiefer in die Tasche greifen muss. Steigen nun die Finanzierungskosten, könnte das die Kauflaune der Amerikaner deutlich trüben. Die US-Wirtschaft könnte zurückfallen. Die Angst vor einer Rezession geht um.

Nachfrage und Lieferketten

Die Notenbank Fed will zeigen, dass sie die Lage im Griff hat. Sie will die Teuerung wieder auf ein Niveau von rund zwei Prozent drücken. Doch das wird keine leichte Aufgabe. Denn die Preise sind ja aktuell nicht deshalb so hoch, weil die Nachfrage nicht da ist oder selbige überschießt. Hier könnte die Fed mit ihrer Geldpolitik lenkend eingreifen. Die Preise explodieren derzeit, weil Lieferketten aufgrund der Pandemie noch immer nicht rundlaufen und weil die Folgen der Sanktionen gegen Russland auch Rückwirkungen haben. Diese Lieferketteninflation ist ein Bereich, der sich über Zinsen kaum steuern lässt. Denn auch nach der letzten Zinsanhebung der Fed ist die Inflation weiter gestiegen und hat mittlerweile 8,6 Prozent erreicht. So hoch war die Teuerungsrate zuletzt vor 40 Jahren.

Aber, das hat sich in der Vergangenheit gezeigt: Je länger die Inflation dauert, desto teurer wird es, sie wieder loszuwerden. Insofern ist die Aktion der Fed verständlich. Doch sie riskiert dabei – zumindest kurzfristig – das Wohl der Bevölkerung und ein Abdriften in die Rezession. (Bettina Pfluger, 16.6.2022)