Im Zentrum blau, drumherum grün: In Baden bei Wien gibt es zwei Parkzonen.

Foto: Sebastian Haller

Die ersten 15 Minuten sind kostenlos, dann kostet es ab 50 Cent, sein Auto im öffentlichen Raum stehen zu lassen.

Foto: Sebastian Haller

Im historischen Zentrum Badens steht man im Blauen, in den angrenzenden Gebieten im Grünen.

Eine Viertelstunde lang darf man gratis parken.

Foto: Sebastian Haller

Eben ist er seinem Auto entstiegen, nun steht der Mann im Trainingsanzug mit säuerlichem Blick vor einem blauen Parkautomaten. Nein, laut äußern, was er über das Parkzonensystem in Baden bei Wien denkt, will er nicht, sagt er, während die Maschine einen Gratisparkzettel für 15 Minuten ausspuckt. Dann dreht er sich um – und flucht im Weggehen leise.

Offensichtlich ärgert ihn das Parksystem, das seit September 2021 in der Kurstadt südlich von Wien gilt. Es teilt den inneren Bereich Badens parktechnisch in zwei Zonen. In der früheren Kurzparkzone im historischen Zentrum mit vielen Kaffees, Espressos, Restaurants sowie kleineren Geschäften herrscht die Farbe Blau. Darum herum, begrenzt von der Südbahntrasse und mit einer Ausweitung beim Bahnhof, gilt die Farbe Grün.

Halbe Stunde ab 50 Cent

In beiden Zonen ist eine Viertelstunde Parken gratis. Eine halbe Stunde kostet im Grünen 50 Cent, im Blauen einen Euro. Die Jahreskarten sind in beiden Zonen Hauptwohnsitzern vorbehalten. Diese müssen dafür 125 Euro (grün) respektive 250 Euro (blau) auf den Tisch legen, plus Verwaltungsgebühren und Mehrwertsteuer.

Der fluchende Mann an der Parkmaschine ist nicht der Einzige. Das Zahlsystem ist das in der 25.000-Einwohner-Stadt derzeit am häufigsten genannte kommunale Ärgernis. Überraschend eingeführt worden sei es, zu teuer, die Regeln seien kompliziert, auch habe man das Parkproblem damit nur an den Rand der kostenpflichtigen Zonen verlagert: So sehen es nicht wenige Stadtbewohner und Besucherinnen sowie Menschen, die beruflich im Ortszentrum zu tun haben.

Für viele Arbeitspendler seien die Tarife zu hoch, merkt etwa Danja Wanner, Leiterin der Arbeiterkammer-Bezirksstelle in Baden, an. Fünf Euro für einen Tages-, 20 Euro für einen Wochen- und – seit einer Novelle vor zwei Wochen – 65 Euro für einen Monatsparkschein würden das Budget einer Teilzeitkraft unbotmäßig belasten – zumal etliche Arbeitgeber die Kosten nicht übernähmen.

Ein neues Zonenkonzept verbannt Stehverkehr aus dem Zentrum. Was denken die Badenerinnen und Badener über das neue Konzept? Eine Straßenumfrage.
DER STANDARD

Fundamentalkritik der Opposition

Teile der Rathausopposition wiederum üben sich in Fundamentalkritik. "Die Vorgangsweise war diktatorisch. Man hat weder die Badener Wirtschaftstreibenden, die Arbeitnehmer, die Bevölkerung noch die Oppositionsparteien eingebunden, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt", sagt Jowi Trenner, Sprecher der Bürgerliste Wir Badener. Eine Anti-Parkzonen-Unterschriftenliste der Badenerin Simone Komoli wurde von 3000 Personen unterzeichnet.

Beschlossen hat das Parkraumkonzept die in Baden regierende schwarz-grüne Koalition. Nicht von heute auf morgen, wie im Gespräch mit Bürgermeister Stefan Szirucsek (ÖVP) klar wird. Schon eine Mobilitätsstudie im Jahr 2004 habe ergeben, dass im Badener Zentrum wegen vieler langfristig abgestellter Autos Parkplatzmangel herrschte, sagt Szirucsek: "Eine durchschnittliche Parkplatzsuche dauerte damals schon zwölf Minuten".

2009 und 2016 dann hätten Experten "dringend geraten", Maßnahmen gegen das viele Blech in der City zu setzen. Auch die Wirtschaft habe sich beschwert: Kundinnen, die keinen Parkplatz fänden, würden in Shoppingcenter abwandern. Also habe man beschlossen, ein Verkehrsplanungsbüro mit der Suche nach einer Lösungsstrategie zu beauftragen.

Monatelange Erhebungen

Bestellt wurde die Wiener Firma Consens Mobilitätsdesign, die auch schon für die Gemeinde Perchtoldsdorf ein Parksystem erarbeitet hat. Um 42.525 Euro erhob Consens im Herbst 2020 das Parkplatzangebot und dessen Auslastung und erstellte mehrere Systemvarianten. Mit elf Stakeholdern – Vertretern der Kurbetriebe, Gastro, Hotellerie und Geschäftsbetreiber – wurden Einzelgespräche geführt. Im Juni 2021 wurde der Abschlussbericht vorgelegt, der die Zweizonenlösung vorschlug.

Mit Perchtoldsdorf, das direkt an Wien mit seiner stadtweiten Kurzparkzone grenzt – oder auch Schwechat, das via Zonenkonzept Flughafenparker aus dem Ortsgebiet vertrieben hat –, seien die Probleme in Baden nicht vergleichbar gewesen, sagt Michael Szeiler, geschäftsführender Gesellschafter von Consens. In der Kurstadt habe man viele Dauer-, Wochen- und Tagesparker vorgefunden, die rund um die Kurzparkzone den Rand der Straßen gratis nutzen: "öffentliches Gut, das mit einigem Verwaltungsaufwand erhalten werden muss".

Ziel war daher, die lokalen Autobesitzer dazu zu bringen, ihre Wagen in der Privatgarage oder in Parkhäusern abzustellen. Das dürfte gelungen sein, wie etwa Innenstadtbewohnerin Barbara sagt: "Ich ärgere mich nicht über das Parksystem. Bevor es eingeführt wurde, war es vor dem Haus meiner bald 90-jährigen Mutter in der Braitner Straße mitunter unmöglich, einen Platz zu finden, selbst direkt vor der Einfahrt", sagt sie.

Scooter statt Öffis

Kurgäste, Stadtbesucherinnen sowie in Baden tätige Arbeitnehmer wiederum sollten zum Überdenken ihrer Verkehrsmittelwahl motiviert werden. Das, so Szeiler, sei ein längerfristiger Prozess. Tatsächlich ist Baden mit der Südbahn, der Badner Bahn und Bussen öffentlich zwar ziemlich gut angebunden. Doch in der Innenstadt sind derzeit recht viele Scooterfahrerinnen unterwegs, die doch lieber mit dem Auto anreisen und es außerhalb der Parkzonen abstellen.

Dass Parkraum, der früher kostenlos war und nun bezahlt werden muss, Unmut verursacht, ist laut Szeiler nicht überraschend. Im Umgang mit dem Autoverkehr sei ein Paradigmenwechsel im Gange, nicht zuletzt, um die Klimakrise abzumildern. Daher, so ein anderer, anonym bleibender Insider, müsse man in Sachen kommunaler Parkkonzepte taktisch klug vorgehen: "So etwas muss man zu Beginn einer Legislaturperiode machen, sicher nicht am Ende." (Irene Brickner, 17.6.2022)