Wer kann sich den Urlaub künftig noch leisten? Auch Familien spüren die Teuerung. Aber wer gut verdient, hat Puffer und gibt gemessen am Einkommen weniger für die Preistreiber Energie und Lebensmittel aus.

Oliver und Barbara sind eine typische Familie aus der gehobenen Mittelschicht. Er arbeitet bei einem Pharmaunternehmen in Wien, sie ist selbstständige Physiotherapeutin. Sie haben zwei Kinder, eine eigene Wohnung, gekauft auf Kredit. Die Teuerung spüren sie natürlich, beim Einkaufen, beim Heizen, beim Autofahren. Aber beide verdienen gut: Auf rund 8500 Euro beläuft sich das Bruttoeinkommen der Familie im Monat.

Die türkis-grüne Koalition wird einiges an Geld lockermachen für Oliver, Barbara und ihre Kinder. So haben es beide Parteien im Zuge ihres Entlastungspakets vereinbart. Rund 2500 Euro dürften für die Familie zusammenkommen. Der Klimabonus soll heuer einmalig 500 Euro betragen pro Erwachsenen. 250 Euro gibt es für jedes Kind dazu. Bei der Familienbeihilfe gibt es eine Einmalzahlung über 180 Euro. Der Familienbonus wird angehoben.

Wer sind die großen Gewinner der Steuerentlastung: Über diese Frage wird hitzig diskutiert. Die genaue Verteilungswirkung des Pakets werden Ökonominnen und Ökonomen erst in den kommenden Monaten errechnen. Doch es zeichnet sich ab, dass die vielleicht größten Gewinner Familien mit hohen Einkommen und Kindern sind.

Dafür sorgen gleich mehrere Faktoren. Die aktuelle Entlastung im Rahmen der Sofortmaßnahmen, die schon in den kommenden Monaten greifen sollen, machen sechs Milliarden Euro aus. Davon wird aber nur ein kleiner Teil zielgerichtet ausschließlich an vulnerable Gruppen wie Arbeitslose und Mindestsicherungsbezieher ausgezahlt: Rund 240 Millionen Euro werden für jene aufgewendet, die am meisten unter der Teuerung leiden. Dieser Punkt ist es auch, der Kritik an Entlastungsmaßnahmen laut werden lässt – Stichwort sozial nicht treffsicher, weil Ärmere keine Reserven haben.

Dagegen wird ein relativ großer Teil der Hilfen im Umfang von 2,8 Milliarden Euro über den erhöhten Klimabonus verteilt. Das bringt gleich viel Cash für jeden – ob Gutverdiener oder Sozialhilfeempfänger. Lediglich Topverdiener ab 90.000 Euro Jahreseinkommen müssen einen Teil des Klimabonus versteuern. Wo viele Menschen im Haushalt leben, wirkt also die Entlastung stärker.

700 Millionen für Familien

Dazu kommt als zweiter gewichtige Faktor, dass Familienleistungen deutlich ausgebaut werden, auch das schlägt mit fast 700 Millionen verstärkt zu Buche.

"Viele Jahre hat es in Österreich kaum steuerliche Vorteile für Familien gegeben", sagt der Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal. Unterstützung gab es für Familien traditionell in Form von Sachleistungen, das sind etwa zur Verfügung stehende Kindergartenplätze. Dazu kamen Familienbeihilfen. Das hat sich verändert seit dem Sommer 2018, als der Familienbonus von der türkis-blauen Koalition auf den Weg gebracht wurde. Das Ganze war ein von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betriebenes Projekt.

Dieser Weg, Familien via Steuerleistungen zu entlasten, wird nun mit der aktuellen Reform weiter beschritten und ausgebaut, sagt Jurist Mazal. Der erhöhte Kinderbonus von 2000 Euro bleibt auch in Zukunft.

Über Steuern und nicht via gezielten Transfers Familien zu entlasten bedeutet, dass Besserverdiener tendenziell mehr profitieren: Sie zahlen mehr Steuern. Den Familienbonus voll nutzen kann nur, wer 2000 Euro Lohnsteuer berappt. Wobei es auch parallel für Alleinerziehende und Geringverdiener einen kleineren Geldbetrag, ein Pendant zum Familienbonus, gibt und dieser nun auch aufgestockt wird auf 550 Euro.

Wo wird kompensiert?

Damit keine Missverständnisse entstehen: Freilich spüren auch gutsituierte Familien die Teuerung, der Staat kompensiert das auch nicht voll. Aber im eingangs erwähnten Beispiel dürfte der Großteil der zusätzlichen Kosten via Inflation vom Staat aufgefangen werden – und dazu kommen ja noch die Lohnerhöhungen nach den Tarifverhandlungen. Dort, wo Familien ein Eigenheim besitzen und keine Mieten zahlen, die nun steigen, wird dieser Effekt stärker.

Wenn unbestritten ist, dass Familien mit soliden Einkommen Gewinner sind, gibt es auch jemanden, der nicht so gut aussteigt? Hier tobt ein Streit. Entscheidend ist der Zeitrahmen der Analyse: Sogar das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut sagt, dass beim untersten Fünftel der Einkommensbezieher die Teuerung durch die Einmalzahlungen heuer voll abgefangen wird. Einschränkung: Gerechnet wurde unter der Annahme einer Inflation von etwa sechs Prozent, es dürften sieben plus werden.

Anders sieht es in der längerfristigen Betrachtung aus. Denn da kommt ja der größte Brocken des Paketes zur Geltung, die Abschaffung der kalten Progression. Kostenpunkt: 20 Milliarden Euro. Nur ein kleiner Teil davon, rund vier Milliarden, soll die Indexierung von Sozialleistungen wie bei der Familienbeihilfe abdecken. Der größte Teil nützt auch hier naturgemäß jenen, die mehr Steuern zahlen: allen voran dem finanzkräftigeren Teil der oberen Mittelschicht.

Und unten? Die Mindestsicherung ist an die Ausgleichszulage, die Mindestrente, angelehnt, und diese stieg zuletzt stets etwas stärker als die Inflation. Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nach dem Einkommen, steigt also mit den Löhnen mit. Das zahlen sich die Arbeitnehmer freilich selbst über ihre Beiträge und nicht der Staat. Die Familienzuschläge für Jobsuchende bleiben unverändert. (András Szigetvari, 17.6.2022)