Der damalige Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) und Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Jänner 2019.

Foto: APA/Roland Schlager

"Denn ich glaube immer noch, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht", stellte der damalige Innenminister und offenbar nebenberufliche Rechtsphilosoph Herbert Kickl im Jänner 2019, wenige Wochen vor dem Ende der türkis-blauen Koalition, in einem ORF-Interview fest. Eine Ansicht, die unter den einstigen Protagonistinnen und Protagonisten auf der Regierungsbank populär gewesen sein muss – doch wieder wurde ein Prestigeprojekt der Regierung Kurz I für rechtswidrig erklärt.

Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz

Am Donnerstag war es der Europäische Gerichtshof, der entschied, dass die Indexierung von Familienunterstützung für EU-Bürgerinnen, die zwar in Österreich arbeiten, deren Kinder aber in der Heimat leben, nicht mit dem Unionsrecht zu vereinbaren sei. Die Argumentation, dass es nur gerecht sei, wenn Familienbeihilfe und Absetzbeträge an die Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Staaten angepasst würden, überzeugte die EuGH-Richterschaft nicht. Es sei ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Freizügigkeit für Arbeitnehmer, urteilten sie.

Rechtswidrige Politik

Tatsächlich traf die Maßnahme besonders Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Als Pflegerinnen waren sie willkommen, Transferleistungen sollten sie aber weniger bekommen. Warnungen wurden nicht einmal ignoriert, so sehr scheinen Kurz, Strache und Kickl von ihrem Rechtsverständnis überzeugt gewesen zu sein. Und ihrer rechtswidrigen Politik. (Michael Möseneder, 16.6.2022)