Das Bild vieler italienischer Städte wird von zum Trocknen aufgehängter Wäsche geprägt.

Foto: REUTERS/Manuel Silvestri

Neapel – Das Bild von Neapel ist unzertrennlich mit dem Bild frisch gewaschener Wäsche verbunden. Ob vor Fenstern oder auf Balkonen: Frisch gewaschene Wäsche hängt überall und prägt das Stadtbild. Doch für Bürgermeister Gaetano Manfredi ist die Wäsche, die beim Spaziergang durch die Altstadt auf Wäscheleinen über den Köpfen flattert, zu viel. Seine Pläne, in der Innenstadt das Wäscheaufhängen zu verbieten, sorgen für Empörung.

Volkstradition versus Ordnung

In sozialen Netzwerken kursiert der Entwurf einer Verordnung des Gemeinderats, mit dem das Aufhängen der Wäsche zwischen Balkons und von einem Haus zum gegenüberliegenden in den engen Gassen Neapels verboten werden soll. "Die Wäsche zwischen den Balkons und von einem Haus zum anderen ist zwar ein Merkmal Neapels, manchmal verstößt sie jedoch gegen die Anstandsregeln. Wir müssen stets die Grenze zwischen Volkstradition und Ordnung berücksichtigen", erklärte Manfredi.

Seine Worte sorgten für Empörung in der größten Stadt Süditaliens. Mit dem Hashtag "Ich hänge die Wäsche auf" verbreitete sich der Protest gegen die Pläne schnell. Der Bürgermeister, einst Universitätsminister und Rektor der neapolitanischen Universität Federico II, wird beschuldigt, ein elitäres Bild der Stadt schaffen zu wollen, das nicht deren volkstümlicher Tradition entspreche.

Neapels Bürgermeister Gaetano Manfredi sieht die Anstandsregeln bei hängender Wäsche verletzt.
Foto: EPA/CESARE ABBATE

Wäsche vor Rathaus

Gruppen von Bürgern legten aus Protest Wäsche vor dem Rathaus nieder. "Wäscheleinen sind ein Symbol dieser Stadt, die auch in beliebten Liedern besungen werden. Jeder in Neapel ist damit aufgewachsen. Manfredi hat die Vorstellung einer Stadt, in der das Volk verschwinden soll", protestierte ein Demonstrant.

So sieht es auch Manfredis Vorgänger Luigi De Magistris, der von 2011 bis 2021 im Amt war. "Die Wahrheit ist, dass Manfredi Neapel nicht wirklich in seinem Herz und seiner Seele spürt. Sonst könnte er nicht an ein Verbot des Wäscheaufhängens denken", sagte De Magistris.

Unter dem Druck des Protests musste der Bürgermeister einen Rückzieher machen. Er versicherte, dass keine Verordnung die Wäscheleinen zwischen Balkons verbieten werde. Der Gemeinderat werde jedoch weiterhin auf Anstand und Ordnung in der Stadt achten. (APA, 17.6.2022)