Lewis Hamilton war am Ende des GP von Baku gezeichnet.

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Hinweis: Dieser Artikel wurde um 23 Uhr um die aktuellsten Meldungen, wonach die Fia am Kanada-Wochenende vorerst nur Daten sammeln will, ergänzt.

Montreal – Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Co dürfen durchatmen. Der Automobil-Weltverband Fia hat auf die Sorgen, Nöte und (Rücken-)Schmerzen der Formel-1-Stars reagiert, er will das Hüpfen der neuen Rennwagengeneration umgehend "verringern", am besten sogar "beseitigen". Die Fia beschloss ein Maßnahmenpaket gegen das sogenannte Porpoising – wirklich etwas ändern dürfte sich aber noch nicht dieses Wochenende, sondern erst beim übernächsten Rennen in Silverstone.

"Ich bin mehr als glücklich, dass sie es ernst nehmen", sagte Pierre Gasly in Montreal. Der Alpha-Tauri-Pilot hatte nach dem Hoppelrennen in Baku in der vergangenen Woche energisch Maßnahmen gefordert. Man dürfe die Fahrer nicht vor die Wahl zwischen "unserer Gesundheit und der Performance" stellen, hatte der Franzose gesagt. Er wolle nicht mit 30 Jahren einen "Krückstock" benötigen.

Angst vor Crash

Die Fia erhörte ihn und die anderen prominenten Kritiker wie die Ex-Weltmeister Vettel, Hamilton oder dessen Mercedes-Teamkollegen George Russell. "In einem Sport, in dem die Teilnehmer mit Geschwindigkeiten von über 300 km/h fahren, muss die gesamte Konzentration eines Fahrers auf diese Aufgabe gerichtet sein, und übermäßige Müdigkeit oder Schmerzen eines Fahrers könnten erhebliche Folgen haben, wenn sie zu einem Konzentrationsverlust führen", erklärte die Fia und verwies weiters auf "Bedenken in Bezug auf die unmittelbaren körperlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Fahrer".

Konkret wollen die Regelhüter künftig unter anderem die Bodenplatten der Fahrzeuge schärfer auf Abnutzung kontrollieren. Außerdem soll eine Kennzahl festgelegt werden, die "eine quantitative Grenze für das akzeptable Maß an vertikalen Schwingungen darstellt".

Noch keine Konsequenzen

Am Freitagnachmittag (Ortszeit) sickerte dann durch, dass die Fia einen leichten Rückzieher macht: Beim Großen Preis von Kanada (Sonntag, 20.00 Uhr MESZ/ORF1) wird die am Donnerstag veröffentlichte technische Direktive noch nicht radikal umgesetzt. Wie das Fachmagazin auto motor und sport berichtete, wurde eine Klarstellung der Fia am Freitag an die zehn Rennställe verschickt. Demnach sollen in Montreal "nur" Daten gesammelt werden, wie stark die Autos auf- und abschwingen und welche vertikale Beschleunigung beim Aufsetzen auf die Straße ermittelt werden kann.

Es solle aber noch keine Konsequenzen geben, weil es unmöglich sei, in der Kürze der Zeit seriöse Richtwerte festzulegen. Dass die Maßnahmen in den nächsten Rennen kommen sollen, bleibt aber bestehen.

Gequälter Hamilton

Rekordweltmeister Hamilton etwa hatte beim GP von Aserbaidschan eigenen Angaben zufolge gelitten wie noch nie in einem Auto. Nach dem Rennen stieg der topfitte 37-Jährige wie ein Greis aus seinem Mercedes, nur mit Akupunktur und Physiotherapie bekam er seine Rückenbeschwerden wieder in den Griff. "Ich bin für immer dankbar, dass ich Physiotherapeutin Angela Cullen mit dabeihabe. Ohne sie wäre ich verloren."

Wer profitiert von der Regeländerung? Branchenführer Red Bull, der das Bouncing vergleichsweise gut im Griff hatte? Oder doch Ferrari und die Teams des vorderen Mittelfelds um Mercedes? In der WM führt Weltmeister Max Verstappen (150 Punkte) vor seinem Red-Bull-Kollegen Sergio Perez (129). Der Monegasse Charles Leclerc im Ferrari hat als Dritter 116 Zähler.

"Egal, ob es uns hilft oder schadet: Ich bin nicht der Ansicht, dass Regeländerungen in der Saison korrekt sind", sagte Weltmeister Max Verstappen. Sein Titelrivale Charles Leclerc (Ferrari) stimmte ein: "Das Team muss mir ein Auto geben, mit dem ich fahren kann."

Leclercs Motor defekt

Für beziehungsweise von Ferrari gab es schon vor dem Trainingsstart schlechte Nachrichten: Die Scuderia bestätigte, dass der zuletzt verwendete Motor seines WM-Anwärters Leclerc defekt ist. Das hätten die Untersuchungen nach dem Rennen in Baku ergeben, teilte Ferrari mit. In Kanada war er schließlich mit einem erneuerten Motor unterwegs, kam jedoch nur kurzzeitig um eine Startplatzstrafe herum. Nachdem die Fia erst verlautbarte, dass die getätigten Wechsel innerhalb der vom Reglement genehmigten Limits seien, verpasste sie Leclerc in der Nacht auf Samstag doch eine Zehn-Plätze-Rückversetzung in der Startaufstellung. (red, sid, APA, 17.6.2022)