Martin Thür und Pamela Rendi-Wagner konnten sich am Freitag nach dem Feiertag keinen "Fenstertag" gönnen.

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Kann man mit Ehrlichkeit am eigenen Beispiel in der Politik Punkte machen? Pamela Rendi-Wagner, die Vorsitzende der SPÖ, versuchte es am Freitagabend in der "ZiB 2" bei Martin Thür. Und es ist nicht ganz sicher, ob und in welcher Disziplin diese Übung gelang.

Martin Thür wollte wissen, ob eine Mehrwertsteuersenkung, wie sie die SPÖ und ihre Vorsitzende fordern, eine passende Idee ist: Weniger Mehrwertsteuer auf eine Semmel komme ja dem Millionär ebenso zugute wie der Mindestpensionistin – zudem könnte eine solche Steuersenkung die Inflation anheizen, hinterfragte er.

Spitzenverdiener wie Nehammer und ich

Und Rendi-Wagner hob an zu einer sehr ehrlichen, vielleicht aber doch nicht so perfekt punktenden Antwort über den eigenen sozialen Status und jenen des Bundeskanzlers Karl Nehammer (ÖVP), auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) kam vor:

"Wenn wir das vergleichen mit dem Paket von Nehammer und Kogler, dann errechnet sich für den Zeitraum bis 2026 für Spitzenverdiener, und ich habe mich selbst herangezogen und das durchgerechnet, wie würde mich das betreffen, ich habe auch den Herrn Nehammer dazugenommen, wir steigen ungefähr gleich gut aus: Dann haben wir viele tausend Euro – fast 6000 Euro – Benefit aus diesem angeblichen Entlastungspaket als Spitzenverdiener. Im Vergleich dazu hat eine Pensionistin mit 1200 Euro Pension über denselben Zeitraum ungefähr, ein bisschen mehr als ein Viertel, was ich als Spitzenverdienerin oder der Herr Nehammer bekommt. Ist das sozial treffsicher? Nein, das ist nicht sozial treffsicher, das ist nicht gerecht, es senkt nicht die Preise, und die, die es wirklich bräuchte, die bekommt nicht das, was sie wirklich braucht. weil die Einmalzahlung im Herbst verpufft, und die Inflation besteht weiter."

Man kann und soll einer SPÖ-Vorsitzenden Respekt zollen, sich in einer der meistgesehenen Nachrichtensendungen des Landes selbst als Spitzenverdienerin zu deklarieren. Es war von keiner – aktuell wirtschaftlich – prekären Lage auszugehen, und doch erfordert es Mut.

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Zwinker

Und weil das TV-Tagebuch, wie die Fernsehkritik im STANDARD bewusst und sehr persönlich heißt, schon über Karl Nehammers damals innenministerielle Luftkarateschläge geschrieben hat, über Sebastian Kurz' Hände Hoch und über die Entwicklungsdynamik der Hände von Innenminister Gerhard Karner innerhalb eines "ZiB 2"-Interviews, erlaube ich mir hier auch eine optische Anmerkung zu Pamela Rendi-Wagners Besuch in der "ZiB 2" am sogenannten Fenstertag (auf den viele an diesem werktätige ORF-Moderatoren besonders hinwiesen): Vielleicht war es dieser Bekennermut, der Rendi-Wagner schon bei der Signation-Totale so besonders aufrecht am Studiotisch sitzen ließ, und vielleicht war er es auch, der sie so heftig blinzeln ließ, jedenfalls in den ersten Minuten des Interviews.

Aber würden Sie nicht blinzeln, wenn Sie gleich in der "ZiB 2" über Ihr Spitzeneinkommen sprechen? So Sie eines hätten. (fid, 18.6.2022)

Rendi-Wagner in der "ZiB 2" zum Nachsehen:

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