ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner stößt mit ihren kantigen Aussagen auf Widerspruch

Foto: imago/Juen

Es war eine Niederlage mit Anlauf: Dass sich die Indexierung der Familienbeihilfe mit dem Unionsrecht nicht vereinbaren lässt, war schon bei deren Einführung unter der türkis-blauen Regierung recht eindeutig. Wer in einem EU-Mitgliedsstaat Abgaben zahlt, ist auch bei Sozialleistungen gleichzustellen. Der Plan, die Höhe der Familienbeihilfe an den jeweiligen Aufenthaltsort des Kindes zu knüpfen, war daher von vornherein in der Kritik. Zwar zeigte sich schon 2016 auch der damalige Kanzler Christian Kern (SPÖ) dafür offen, er mahnte jedoch eine EU-weite Regelung ein.

Türkis-Blau setzte das später im Alleingang durch, wurde von der EU-Kommission gerügt und hatte rasch ein Vertragsverletzungsverfahren am Hals. Am Donnerstag gab es nun die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der die Indexierung der Familienbeihilfe als klar rechtswidrig kassierte.

Die Reaktion der ÖVP: Für die türkise Generalsekretärin Laura Sachslehner "ändert das EuGH-Urteil nichts" an ihrem Kampf "für mehr Gerechtigkeit im Beihilfensystem". Man respektiere zwar das Urteil, lasse sich aber "vom Kurs nicht abbringen". Dass Höchstgerichte auch schon Einbußen bei der Mindestsicherung bei fehlenden Deutschkenntnissen oder das Kopftuchverbot in der Schule als rechtswidrig erkannt haben, bringt die ÖVP offenbar nicht zum Umdenken ob der Verfassungsmäßigkeit ihrer Politik; Sachslehner spricht vielmehr davon, dass "zentrale Integrationsvorhaben (…) an Höchstgerichten gescheitert sind".

"Himmelschreiende Ungerechtigkeit"

Beim Koalitionspartner kommt das gar nicht gut an. "Wer die Urteile unserer Höchstgerichte ignoriert und die Rechtstaatlichkeit in Frage stellt, hat in der österreichischen Politik nichts zu suchen", kommentierte die Wiener Landtagsabgeordnete Berivan Aslan einen Tweet von Sachslehner. Schon zuvor hatte die grüne Familiensprecherin Barbara Neßler die Indexierung der Familienbeihilfe als "himmelschreiende Ungerechtigkeit" bezeichnet und dem Koalitionspartner ausgerichtet: "Für mich ist klar: Jedes Kind ist gleich viel wert. Und eines zeigt das EuGH-Urteil auch: Populismus, der sich willkürlich gegen eine Gruppe richtet, erweist sich als kein guter Ratgeber für Entscheidungen mit einer derartigen Tragweite." (fsc, 18.6.2022)