Es gibt Proteste, aber auch Kunst: Eine Installation mit Küchenmessern.

Reuters

Der Antisemitismusbeauftragte der deutschen Regierung, Felix Klein, kritisiert auch nach der Eröffnung die verantwortlichen Macher der internationalen Kunstausstellung Documenta im hessischen Kassel. Klein sagte der "Bild am Sonntag": "Es ist den Verantwortlichen der Documenta nicht gelungen, die Antisemitismusvorwürfe in glaubwürdiger Weise auszuräumen. Das bedaure ich sehr, insbesondere nach der hierzu erhitzt geführten öffentlichen Diskussion."

Am Samstag hatte sich auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisch über das indonesische Kuratorenkollektiv geäußert. Der Gruppe Ruangrupa war vorgeworfen worden, auch Organisationen einzubinden, die den kulturellen Boykott Israels unterstützten oder antisemitisch seien.

Kritik wird geteilt

Selten habe eine Documenta im Vorfeld eine so heftige Debatte hervorgerufen wie die diesjährige, sagte Steinmeier. "Ich will offen sein: Ich war mir in den vergangenen Wochen nicht sicher, ob ich heute hier sein würde", sagte er in seiner Eröffnungsrede mit Blick auf die Antisemitismusdebatte um die Schau 2022.

Klein, seit 2018 der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, sagte dazu der "Bild am Sonntag": "Ich teile die kritische Einschätzung des Bundespräsidenten. Es kann nicht sein, dass Antisemitismus Teil des von der öffentlichen Hand geförderten künstlerischen Diskurses in Deutschland ist."

Nicht dulden

Steinmeier hatte gesagt, Kritik an israelischer Politik sei erlaubt. "Doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten." Er habe im Vorfeld der Schau "manchen gedankenlosen, leichtfertigen Umgang mit dem Staat Israel" beobachtet, sagte er weiter. Die Anerkennung Israels sei in Deutschland aber Grundlage und Voraussetzung der Debatte.

Auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hatte betont, er nehme den Antisemitismusvorwurf sehr ernst. "Deutsche Politiker können dazu nicht einfach so sang- und klanglos nichts sagen, wenn im Land der Täter der Shoah der Vorwurf des Antisemitismus erhoben wird", betonte er. "Wer ein freiheitliches und ein lebenswertes Land will, der kann Antisemitismus nicht dulden." Das gelte auch für "die heimlichen Spielarten der Israel-Kritik als Ersatz-Antisemitismus".

Alle fünf Jahre

Vor dem Hintergrund der politischen Debatte um die Documenta Fifteen wurde der Eröffnungstag von kleineren Kundgebungen propalästinensischer und proisraelischer Gruppen begleitet. Die Documenta, die seit 1955 in Kassel stattfindet, gilt neben der Biennale in Venedig als weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst. Sie wird nur alle fünf Jahre veranstaltet. Die diesjährige Schau dauert bis zum 25. September. (APA,19.6.2022)