Viele Wege führen zu Netflix, wenn man schon das Abo bezahlt. Die Lust auf Zerstreuung (oft bei mir). Die Suche nach Dokus (Platz zwei). Aber sogar Bücher, die über Jahre wichtig bleiben (klingt komisch, ist aber so). Ein solches Buch ist die autobiografische Schilderung von Roméo Dallaire, Kommandant der Uno-Blauhelme in Ruanda während des Völkermordes 1994, Shake Hands with the Devil. Wie konnte es sein, dass vor den Augen der Welt in nicht einmal vier Monaten eine Million Tutsi abgeschlachtet wurden? Das ist selten Thema auf Streaming-Plattformen.

Dann kam Black Earth Rising auf Netflix mit der Frage, wie weiße Gerichtsbarkeit das aufarbeiten könne – und mit der Titelmusik von Leonard Cohen aus seinem letzten Album You Want It Darker. "Spoken like a true Mzungu" ist daraus wohl eines der wesentlichen Zitate.

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Jetzt ist Trees of Peace zu Ruanda im April 1994 da. Ein ganz anderes Setting: Vier Frauen versuchen, in einem Lebensmittellager im Keller das Schlachten zu überleben. Nicht nur Tutsi. Sie glauben zunächst nur an Stunden, die sie, zusammengeworfen, gemeinsam dort verbringen müssen. Der Überlebenskampf auf vielleicht vier Quadratmetern mit Guckloch auf die Straße dauert länger. Und bringt die Lebensgeschichten der Frauen zutage.

Sie sind nicht – wie man erwarten möchte – eine homogene Opfergemeinschaft. Unter der Regie von Alanna Brown entwickelt sich viel schwer Erträgliches. Ist der Ausgang absehbar? Ist er nicht, so viel sei verraten.

Die Kritik hat das Drehbuch als überfrachtet eingeordnet. Der Film wolle zu viel. Ist das so? Geliefert wird Mzungus jedenfalls ein Stück Hilfe bei der Annäherung an das Unvorstellbare. (Karin Bauer, 20.6.2022)