Wolfgang Struber, hier bei der Medienenqute des damals ressortzuständigen Ministers Gernot Blümel 2018, hat gute Chancen auf die RTR-Geschäftsführung.

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Wien – Unter den Finalisten für eine viele Fördermillionen schwere Schlüsselposition der österreichischen Medienbranche ist er der wahrscheinlich aussichtsreichste Bewerber: Wolfgang Struber, bisher langjähriger Geschäftsführer der Oldie- und Schlagersendergruppe Radio Arabella, hat nach der Papierform gute Chancen, der nächste Geschäftsführer der RTR GmbH für den Medienbereich zu werden.

Update am 24. Juni 2022

Struber wurde zum RTR-Chef bestellt.

Medienministerin Raab entscheidet

Den RTR-Geschäftsführer für den Medienbereich bestellt laut Gesetz der Bundeskanzler oder, so vorhanden, der Medienminister im Bundeskanzleramt, an den der Kanzler solche Aufgaben delegiert. Wer die RTR künftig führt, entscheidet also Medienministerin Susanne Raab (ÖVP).

Das Hearing mit drei Bewerbern und einer Bewerberin fand vorigen Dienstag statt. Der 2017 nach dem Hearing erstgereihte, aber vom damaligen Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) nicht ausgewählte Bewerber, der heutige "Datum"-Herausgeber Sebastian Loudon, wurde diesmal erst gar nicht zum Hearing eingeladen.

Vom Radiomanager zum Medienförderer

Struber kennt Österreichs Medienbranche, vor allem die Privatradioszene, sehr gut, die er bei Bestellung künftig fördern wird – mit jährlich 20 Millionen für kommerzielle Privatsender und fünf Millionen für nicht kommerzielle Community-Sender, zudem 13,5 Millionen Euro für Fernsehproduktionen pro Jahr.

Bei Dienstantritt bis September 2022 entscheidet der neue RTR-Geschäftsführer über Anträge für die heuer insgesamt 54 Millionen Euro Digitaltransformationsförderung, die neben einer Art Basisförderung ("Anreizförderung") für Print Projektförderung für private Print- und Rundfunkunternehmen umfasst. In den Jahren danach werden hier 20 Millionen für Digitalprojekte vergeben. Heuer läuft die Einreichfrist für Privatsender und Verlage noch bis 22. August 2022. Sollte Arabella einreichen, könnte Strubers Co-Geschäftsführer dort den Antrag zeichnen.

20 Jahre Arabella

Struber managt den privaten Radiosender Arabella schon seit zwei Jahrzehnten, 2002 wurde er Prokurist der Wiener Arabella GmbH, seit 2004 ist er Geschäftsführer dort neben Willi Schreiner, einem bayerischen Medienmanager (Neue Welle München). Da war der Salzburger gerade 30 und in den Kategorien eines Oldie- und Schlagersenders geradezu blutjung. Heute ist Struber 48.

Ausschreibung angepasst

Die Ausschreibung für den RTR-Job unterschied sich nur in einem Punkt wesentlich von jener aus 2017 – DER STANDARD berichtete darüber im März 2022: 2017 verlangte die Ausschreibung einschlägige Berufserfahrung in leitender Funktion in der öffentlichen Verwaltung und allenfalls auch in einem zumindest mittelständischen Unternehmen". Diesmal suchte das Kanzleramt nach "einschlägiger Berufserfahrung in leitender Funktion in der öffentlichen Verwaltung oder in einem zumindest mittelständischen Unternehmen". Wie Radio Arabella.

Der österreichische Sender, inzwischen eine Sendergruppe, gehört über mehrere Gesellschaften mehrheitlich bayerischen Radiounternehmern wie insbesondere der Oschmann-Gruppe – nicht weiter überraschend, das Originalradio Arabella hat seinen Sitz in München. Rund 35 Prozent hält in Österreich zudem die Vorarlberger Mediengruppe Russmedia ("Vorarlberger Nachrichten", "Neue Vorarlberger", Antenne Vorarlberg).

Erst Messe, dann Bier

Die konservativ-katholischen bayerischen Eigentümer prägten auch den österreichischen Sender, beobachtete Martin Zimper, früher selbst Radiomacher in Österreich (Energy, Party FM, Kronehit) und längst Professor an der ETH Zürich sowie Head of Cast / Audiovisual Media dort. In einem Kommentar der anderen im STANDARD beschrieb er 2004 Arabella nach einem weiteren Lizenzzuschlag in Linz so: "Arabella ist ein Radio-Import aus dem CSU-regierten Bayern mit bayerischen Gesellschaftern, bayerischen Musikberatern und einem bayerischen Geschäftsführer. Zum Sendestart von Arabella Wien wurde eine Messe gelesen, erst dann ging es zum Bier."

Cartell-Verband und andere Connections

Das ist nicht allein eine bayerische Kombination, sie fügt sich auch gut in die Welt der katholischen Studentenverbindungen im ÖVP-nahen Cartell-Verband, kurz CV. Struber hat dort den Couleurnamen Fred. Die CV-Mitgliedschaft verbindet Struber etwa mit dem bürgerlichen Geschäftsführer des Zeitungsverbands, Gerald Grünberger, ebenso wie mit dem langjährigen ersten Geschäftsführer der RTR, Alfred Grinschgl, davor Gründungschef der Antenne Steiermark.

Mit Grünberger verbindet Struber etwa auch das Präsidium der ÖVP-nahen Journalismusausbildungsorganisation Friedrich-Funder-Institut. Grünberger ist Präsident dort, Struber einer der Vizepräsidenten.

Im Präsidium des Funder-Instituts findet sich etwa auch Sophie Ernest. Die ehemalige Pressesprecherin von Gernot Blümel als Europa-, Kultur- und Medienminister im Kanzleramt in der ÖVP-FPÖ-Koalition wurde gerade von der Bundesregierung in den neuen Beirat der RTR für die Digitaltransformationsförderung entsandt.

Digitalradio-Promoter

In der Radiobranche zählt Struber zu den vehementesten Verfechtern von Digitalradio (DAB+) – wohl auch, weil nationale UKW-Lizenzen ungemein schwer zu bekommen sind. Bisher schafften das nur Kronehit (ab 2004) und seit Herbst 2019 Radio Austria der Fellner-Gruppe.

Auf der bundesweiten DAB+-Plattform finden sich die Kanäle Arabella Hot und Arabella Relax.

Mehrere STANDARD-Anfragen über die vergangenen Wochen zu seiner RTR-Bewerbung beantwortete Struber bisher nicht. (Harald Fidler, 20.6.2022)