Jadon Sancho und Marcus Rashford bei ihrer Einwechslung während des EM-Finales im vergangenen Jahr.

Foto: Reters/Carl Recine

Im Kampf gegen Hass in der Fußballwelt ist offenbar noch viel zu tun. Das geht aus einer vom Weltfußballverband Fifa veröffentlichten Untersuchung, dem "Threat Matrix Report" (PDF), hervor. Für diesen analysierte man Postings in sozialen Medien im Rahmen der Semifinali und Finalspiele der Europameisterschaft sowie des afrikanischen Nationencups (AFCON) im vergangenen Jahr.

Insgesamt wurden über 400.000 Beiträge mit Unterstützung der künstlichen Intelligenz "Signify AI" ausgewertet, die an über 140 Konten von Spielern und Betreuern auf Twitter und Instagram gerichtet waren. Dabei stellte sich heraus, dass mehr als die Hälfte (55 Prozent) der an den Endphasen der Turniere teilnehmenden Kicker Ziel von Diskriminierung geworden sind.

Viel Hass aus Großbritannien

Besonders prävalent waren dabei Feindlichkeit gegenüber Homosexuellen, die in 40 Prozent aller erfassten problematischen Beiträge verortet wurde, sowie Rassismus, der in 38 Prozent der Wortmeldungen entdeckt wurde. Beim EM-Finale dominierten rassistische Kommentare gegen Spieler (78 Prozent), während beim AFCON-Endspiel vor allem homophobe Äußerungen (62 Prozent) beobachtet wurden.

Geografisch kamen 38 Prozent aller diskriminierenden Posting aus Großbritannien, 19 Prozent aus Ägypten, 15 Prozent aus dem Nahen Osten, jeweils acht Prozent aus dem Fernen Osten und Europa, sieben Prozent aus anderen afrikanischen Ländern sowie fünf Prozent aus sonstigen Staaten.

Rassismusflut nach dem EM-Finale

Hauptsächlich kamen die Hassbotschaften von Nutzern aus den Heimatländern der Spieler und waren vor, während und nach den Matches wahrnehmbar. Es gibt auch Querverbindungen zur Klubzugehörigkeit der Fußballer – häufig wurden Hasskommentare gegen sie von Unterstützern rivalisierender Vereine in der gleichen Liga verfasst.

Als konkretes Beispiel für Spieler, die zu Zielscheiben wurden, nennt man etwa die englischen Kicker Marcus Rashford, Jadon Sancho und Bukayo Saka, die alle drei dunkler Hautfarbe sind. Nachdem das EM-Finalspiel gegen Italien nach Ende der Spielzeit in ein Unentschieden gemündet war, ging es ins Elfmeterschießen. Rashford, Sancho und Saka vergaben dabei ihre Penalties, was ihnen in sozialen Medien eine Flut an insbesondere rassistischen Beschimpfungen bescherte.

Ebenfalls gemessen wurden darüber hinaus auch noch Hasskommentare anderer Kategorien, wie etwa Fremdenfeindlichkeit oder Islamophobie. Bei den AFCON-Finalspielen richteten sich über 50 Prozent aller erfassten islamophoben Kommentare gegen einen ägyptischen Spieler. Sie kamen aber großteils von britischen Nutzern und lassen sich offenbar auch auf Club-Rivalitäten in der Premier League zurückführen.

Viele Nutzer sind identifizierbar

Sicher fühlen dürfen sich die Verfasser solcher Hassmeldungen allerdings nicht. Bei 90 Prozent der dahinterstehenden Accounts geht man davon aus, dass sich deren Inhaber mit Sicherheit oder sehr hoher Wahrscheinlichkeit identifizieren lassen.

Untersucht wurde weiters der Umgang mit den Botschaften seitens der Moderation der Plattformen. Diese bekleckern sich dabei nicht mit Ruhm. 58 Prozent der fremdenfeindlich motivierten Kommentare waren auch im April 2022 noch öffentlich abrufbar. Bei den restlichen Hassbotschaften waren es sogar 87 Prozent. (red, 20.6.2022)