Noch vor wenigen 10.000 Jahren beherrschten tierische Giganten die Kontinente: Von den riesigen Elefanten und Mammuts, gewaltigen Beuteltieren, Riesenfaultieren, Großkatzen und Donnervögeln konnten sich nur wenige bis in die Gegenwart herüber retten. Ob das wärmer werdende Klima oder doch der Mensch den Ausschlag dafür gab, ist keineswegs geklärt. Zuletzt freilich mehrten sich Studien, die dem menschlichen Faktor ein wachsendes Gewicht verleihen.

Klar ist jedenfalls, dass viele Vertreter der Megafauna auf dem Speisezettel der frühen Kulturen gestanden haben dürften. Das beweist einmal mehr der fossile Schädel eines ausgestorbenen Riesengürteltiers, der nun vorgestellt wurde. Der Fund aus Venezuela trägt deutliche Anzeichen dafür, dass das Tier mit gezielten Schlägen erlegt wurden.

Älteste Menschenspuren

Das berichten Forschende des Paläontologische Museums der Universität Zürich mit südamerikanischen Kollegen im "Swiss Journal of Palaeontology". Die fossilen Überreste stammen aus den archäologischen Stätten Muaco und Taima-Taima im Norden Venezuelas. Diese Orte, datiert auf ein Alter zwischen 15.000 und 19.000 Jahren, zählen zu den ältesten, auf denen die Anwesenheit von Menschen auf dem amerikanischen Kontinent dokumentiert wurde.

Den Lebensraum teilten sich die Menschen damals unter anderem mit den Glyptotherien, etwa 500 Kilogramm schweren und gepanzerten Riesengürteltieren. Zum Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 12.000 Jahren, starben sie wie die meisten anderen Vertreter der Megafauna aus. Letztendlich verschwanden 80 Prozent der großen Säugetierarten in Südamerika während der sogenannten quartären Aussterbewelle. Das Team um den Zürcher Paläontologen Marcelo Sanchez konnte nun die gezielte Jagd auf Glyptotherien nachweisen, und damit auch, dass der Mensch seinen Anteil am Verschwinden dieser Wesen gehabt hat.

Die Glyptodonten des südamerikanischen Pleistozäns starben vor etwa 12.000 Jahren aus.
Foto: Janine, Jim Eden

Schlag auf den empfindlichsten Punkt

Die Forschenden analysierten Scans von sechs Glyptotherien-Schädeln, die Spuren einer absichtlichen Gewalteinwirkung aufwiesen. Die Verletzungen konzentrierten sich auf den weitestgehend ungeschützten Schädelbereich, der nur von einem dünnen Panzerschild bedeckt war. Ein Schlag auf diese Körperstelle bedeutete wohl den sicheren Tod des Riesentiers.

Die Muster der Verletzungsspuren würden eindeutig darauf hinweisen, dass sie nicht post mortem während dem Prozess der Fossilisierung entstanden seien, sagte Sanchez gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA: "Vielmehr muss es sich um Steinwerkzeuge gehandelt haben, die einen solchen Schlag bewirken konnten."

Leichte Beute

Wie die Forschenden berechneten, lohnte sich die Jagd auf das gepanzerte Gürteltier denn auch: Sie schätzen, dass die Fleischausbeute von einem erlegten Tier bis zu 170 Kilogramm betrug. Und allzu knifflig gestaltete sich die Jagd wohl auch nicht: "Das Glyptotherium war ein langsames Tier, schnelles Davonrennen zählte eindeutig nicht zu seinem Repertoire", sagte Sanchez. Zudem besaß es nur ein eingeschränktes Sichtfeld. Mit einem gezielten Schlag auf die Schwachstelle des Panzerschutzes war das Glyptotherium deshalb eine vergleichsweise leichte Beute. (red, 21.6.2022)