Eine "Waldlandschaft mit Sonnenaufgang", von Joseph Rebell anno 1809 gemalt. Der Künstler verstand sich auf idyllische Szenen, später in seiner Karriere aber ebenso auf dramatische.
Foto: Belvedere Wien / Johannes Stoll

Verwahrlost sei der Zustand der kaiserlichen Gemäldegalerie, meldete Joseph Rebell nach einem ersten Rundgang 1824. Eine Tatsache, die der damals neue Direktor am Oberen Belvedere in Wien schleunigst änderte. In seiner kurzen Amtszeit ließ er das Schloss nicht nur restaurieren, stattete es mit einer Heizung aus und richtete eine Abteilung für die Restaurierung ein, sondern öffnete es auch als Museum (Details im tollen Katalog).

Dass ihm das Belvedere nun eine umfassende Einzelausstellung widmet, hätte Rebell sicherlich geehrt. Nicht nur, weil es nach fast 200 Jahren erstmals dazu kommt, sondern weil deren Gestaltung ganz nach seinem Geschmack gewesen wäre. Denn zu dessen Änderungen zählten auch farbig gestrichene Ausstellungswände sowie daran angebrachte Texte, die über Hintergründe der Werke informierten. Heute gängig, damals ein Novum.

Üppige Ideallandschaft

Zwar befindet sich die Schau nun nicht in den Räumen des Schlosses, sondern im Unteren Belvedere, die klassische Hängung der goldgerahmten Ölbilder erinnert aber stark an eine klassische Gemäldegalerie. Um welche Gemälde es sich handelt? Die des Museumsleiters selbst! Eigentlich war der 1787 in Wien geborene Rebell erfolgreicher Landschaftsmaler, der für seine Lichtstimmungen bekannt war. Heute ist sein Name wenigen geläufig, seine Werke sind über zahlreiche Sammlungen verstreut, im Belvedere befinden sich 23 Gemälde.

In großformatigen Frühwerken bettete Rebell Szenen in idyllische Landschaften und üppige Natur ein: antikisierte Gebäude und flötenspielende Figuren vor leuchtendem Horizont, an dem die Sonne verschwindet – oder gerade aufgeht.

Inszenierte Naturgewalt: "Vesuvausbruch bei Nacht mit Blick auf die Scuola di Virgilio" von 1822.
Foto: Johannes Stoll / Belvedere Wien

Fan natürlichen Lichts

Als großer Fan des natürlichen Lichts malte er vorwiegend an der frischen Luft. Vorbilder für seine Idealszenen fand er bei Claude Lorrain und die Naturvorlage in dem Land, für das er seine Heimat 1810 vorerst verließ: Italien.

Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte: Nachdem sich der Maler in Kreisen des Vizekönigs Eugène de Beauharnais in Norditalien aufgehalten hatte, zog er in den Süden, wo er durch Königin Caroline Murat, gebürtige Bonaparte und jüngste Schwester Napoleons, gefördert wurde. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Veduten, die sachlich das städtische Leben am Golf von Neapel und die umliegende Vegetation dokumentieren. Es sind einfache Menschen, ruhige Beobachtungen, stilles Wasser...

Aufträge vom Kaiser

Und dann: bumm! Auf kräftig violetten Wänden (die übrigen sind zart blau) lässt der Künstler Meeresstürme aufbrausen, Schiffe samt Besatzung mitreißen und den Vesuv mehrmals ausbrechen. Das Licht stößt dabei fast brutal aus dem verdunkelten Himmel. Skizzen belegen, dass Rebell vorgefundene Landstriche – wie die Gegend um das Kapuzinerkloster bei Amalfi – übernahm und darin dramatische Katastrophen inszenierte.

Als der Künstler 1817 nach Rom zog, hatte er sich nach der präzisen Wiedergabe der Natur der dramatischen Landschaftsdarstellung zugewandt. Das gefiel. Als "sehr guten Landschafts- und Seestürme- oder Seestückmaler" bezeichnete ihn Kaiser Franz I. Dieser lernte Rebells Kunst auf einer Reise in Rom kennen – und schätzen. Das letzte Kapitel der Ausstellung zeigt Spätwerke, kaiserliche Auftragsarbeiten sowie Pläne der bis heute bestehenden Änderungen des Museums in Wien, das Rebell bis zu seinem frühen Tuberkulosetod 1828 leitete. (Katharina Rustler, 20.6.2022)