Er kam.

APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Er stand.

Foto: APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Er sprach.

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Mut lässt sich in Vorarlberg nicht kaufen, das unterscheidet ihn zum Beispiel von Inseraten. Der 20. Juni 2022 war jedenfalls ein besonderer Tag fürs Ländle, sofern man an Fußball nur ein bisserl interessiert ist. Schauplatz Altach, Cashpoint-Arena, Festplatzterrasse hinter der Osttribüne, Schnabelholz 1. Es war kein Festsaal, sondern ein größeres Zimmer. Mit Pult und Sesseln.

13 Uhr, Miroslav Klose, der neue Cheftrainer des SCR, erscheint. Flankiert wird er von Geschäftsführer Christoph Längle und Werner Grabherr, dem sportlichen Leiter. Das mediale Interesse ist für hiesige Verhältnisse enorm. Es ist wirklich der Klose, gebürtiger Pole, 137 Länderspiele für Deutschland, 71 Tore, Weltmeister 2014. Bei WM-Endrunden hat er 16-mal genetzt, Weltrekord. Und nun hat der 44-Jährige ein rotes Trainingsleiberl des SCR Altach an, das sorgt nicht zuletzt in Deutschland für leichte Verwunderung. Klose sagt später, er habe davon nichts mitbekommen. "Denn außer Whatsapp habe ich nichts." Kein Instagram, kein Facebook, kein Twitter, kein Tiktok, das ist prinzipiell eine gute Basis für Erfolg in der österreichischen Bundesliga. "Ich darf arbeiten, wo andere Urlaub machen." Seine ersten offiziellen Worte in der 7000-Einwohner-Gemeinde: "Herzlich willkommen, ich bin hier, freue mich unheimlich, es ist ein Riesengefühl."

Altach hat jedenfalls einen Coup gelandet. Rückblick: Erst in der letzten Runde wurde der Abstieg vermieden, die Punkteteilung war ein Segen, denn die Admira hätte zwei Zähler mehr gehabt. Am Tag danach hat Trainer Ludovic Magnin eine Ausstiegsklausel gezogen, der Retter ist heim nach Lausanne gewechselt. Und in Vorarlberg war man traurig und geschockt.

Tellerrand

Man schaute sich vergeblich auf dem österreichischen Markt um. Jochen Sauer stellte den Draht zu Klose her, in der Vorwoche fand das entscheidende Treffen mit Grabherr statt. Das führte zu beidseitiger Begeisterung. Grabherr: "Wir sind von ihm als Mensch und Trainer überzeugt. Er hat Prinzipien, setzt auf aktive Spielweise und Flexibilität." Vorarlbergern wird nicht unbedingt Hang zum Risiko nachgesagt. Längle will offenbar das Gegenteil beweisen. "Wir hatten den Mut, über den Tellerrand zu blicken. Wir schauen nicht nur auf die Steine, sondern auch auf die Beine. Wir wollen ein Stück größer werden."

In den vergangenen Jahren wurde eher in die Infrastruktur investiert. Das Stadion ist absolut tauglich, dem Trainingscampus gebührt Respekt, die Bedingungen sind professionell. Klose soll nun das Niveau auf dem Spielfeld heben. Der erste Kontakt mit der Mannschaft hat bereits stattgefunden, Klose lobte "das Herz und die Leidenschaft. Es wird ein harter Weg, aber wir gehen ihn gemeinsam. Ich möchte Spaß und Freude vermitteln." Eine spezielle Spielphilosophie hat er nicht verraten. "Die Fans müssen sehen, dass der SCR alles gegeben hat."

Vorgänger Magnin war eher ex-trovertiert, der Schweizer klopfte Sprüche. Klose ist ruhig, er nahm sich Zeit, wirkte nahbar, freundlich. Mit Magnin werde er Kontakt aufnehmen. "Zuerst mache ich mir ein eigenes Bild, ich bin nicht fremdgesteuert." Als Trainer hat er wenig vorzuweisen. Er war Assistent im deutschen Team unter Joachim Löw (2016 bis 2018), kümmerte sich um die U17 von Bayern München, Hansi Flick zog ihn zu den Männern hoch. Seit Juni 2021 war Klose auf Jobsuche, da Flick Teamchef wurde. "Von Flick habe ich viel gelernt, er ist in allen Belangen fantastisch."

Keine Details

Was Klose nicht ahnt, sondern weiß: Altach ist nicht Bayern. "Ich setze mich sehr unter Druck, muss mit meinen Erwartungen etwas runtergehen." Frei übersetzt: Altach kann nie und nimmer Meister werden. In den nächsten Tagen wollen Klose und Grabherr auf dem Transfermarkt aktiv werden. Vertragsdetails wurden keine preisgegeben, sogar die Dauer bleibt ein Geheimnis. Aber es ist wirklich der Klose. (Christian Hackl, 20.6.2022)