Foto: Roland Schlager

Dass ein 2010 wegen Kindesmissbrauchs verurteilter Mann mehrtägige Ferien-Camps für Kinder veranstaltet und bis vor kurzem für den Alpenverein (ÖAV) Outdoor-Kurse für Acht-bis Zwölfjährige geleitet hat, ruft nun die Politik auf den Plan. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) sieht in diesem Bereich Gesetzeslücken und will diese gemeinsam mit Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) ehebaldigst schließen, kündigte sie im Gespräch mit der APA an.

Es gebe "dringenden Handlungsbedarf", um sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche im Freizeit- und Sportbereich nicht übergriffigen Betreuern ausgesetzt sind, sagte Plakom: "Da muss alles zum Schutz der Kinder unternommen werden." Sie befinde sich "in enger, intensiver Abstimmung" mit Ministerin Raab, um entsprechende gesetzliche Regelungen auf den Weg zu bringen.

Wer sich an Kindern und Minderjährigen vergangen hat, "hat in der Kinder- und Jugendarbeit nichts mehr verloren", meinte Plakolm. Sie strebt daher – losgelöst vom konkreten Beruf – grundsätzliche Tätigkeitsverbote im Kinder- und Jugendbereich für verurteilte Sexualstraftäter an, wenn diese wegen Verstößen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung rechtskräftig zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind. Das sollte nach Ansicht von Plakolm nicht nur für entgeltlich-professionelle, sondern auch für ehrenamtliche Tätigkeiten gelten.

Bescheinigung für Ehrenamtliche

Plakolm kann sich weiters vorstellen, dass zukünftig jeder Ehrenamtliche, der in einem Verein Kinder und Jugendliche betreuen will, die seit 2014 bestehende erweiterte "Strafregisterbescheinigung Kinder und Jugendfürsorge" vorlegen muss. Nur in dieser, nicht aber in der herkömmlichen Strafregisterbescheinigung scheinen Berufs- und Tätigkeitsverbote sowie allfällige, aus einer gerichtlichen Verurteilung resultierende Weisungen oder eine vom Gericht angeordnete Aufsicht bei sexuell motivierten Gewalttaten auf. Auch eine Verlängerung der bestehenden Tilgungsfristen bei Sexualstraftaten – derzeit sind ausschließlich mehr als fünfjährige Freiheitsstrafen untilgbar – zieht Plakolm in Betracht.

Es gehe vor allem auch darum, den auf Kinder und Jugendliche ausgerichteten, oft ehrenamtlich strukturierten Vereinen "eine Rechtssicherheit und Handhabe zu geben", betonte die Jugendstaatssekretärin. Sie sollten die erforderlichen Instrumente zur Gewährleistung eines engmaschigen Schutzes der ihnen anvertrauten Kinder erhalten. Ziel müsse es sein, einschlägig vorbestraften bzw. entsprechend veranlagten Männern, die aus unlauteren Motiven ein Gelegenheitsverhältnis zur körperlichen Kontaktaufnahme mit Kindern und Jugendlichen suchen, kein Beschäftigungsverhältnis bzw. keine ehrenamtliche Tätigkeit mehr zu ermöglichen.

Appell an Eltern

Im Hinblick auf Feriencamps und ähnliche mehrtägige Freizeit-Angebote appelliert Plakolm an die Eltern, "sich im Vorfeld genau anzuschauen und zu prüfen, wer der Anbieter ist". Ein renommierter Veranstalter mit einem guten Ruf sei einem unbekannten Mitbewerber grundsätzlich vorzuziehen. In der Regel ist oft schon auf der Homepage ersichtlich, ob der Betreiber ein Kinderschutzkonzept hat und sich diesem verpflichtet fühlt. Ist dies nicht der Fall, sollten Eltern danach fragen, ehe sie ihre Kinder fremden Händen anvertrauen.

Kinderschutzorganisationen begrüßten den Schritt in einer ersten Reaktion. Etwa sei ein Tätigkeitsverbot – und nicht ein allgemeines Berufsverbot – sinnvoll, heißt es von Seiten der Kinderschutz-NGO Die Möwe. Insgesamt sei aber eine breitere Strategie gefordert, allen voran mit Präventivmaßnahmen wie Informationskampagnen. Ein Großteil des Missbrauchs geschehe schließlich im Verborgenen, sichtbar sei nur "die Spitze des Eisbergs". (APA/muz, 21.6.2022)