Kinder an Volksschulen sollen künftig auch mit dem Status "ordentlich" Deutschförderung erhalten.

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Folgt man der Logik der 2018/2019 unter Türkis-Blau eingeführten Deutschförderklassen, so müssten Schülerinnen und Schüler, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, nach maximal zwei Jahren die Sprache beherrschen. Dann endete bislang die "Schonfrist" und mit ihr jegliche Deutschförderung. Wie Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz mitteilte, wird sich das nun ändern: Volksschüler sollen demnach auch nach dieser Frist und bei unzureichenden Deutschkenntnissen Förderung erhalten. In welchem Ausmaß, ist noch unklar.

Was aus der Pressekonferenz aber hervorging: An dem vielkritisierten bildungspolitischen Überbleibsel aus der türkis-blauen Ära will Polaschek (noch) nicht rütteln. Derzeit laufe eine Evaluierung dieses Systems. "Dementsprechend wird dann noch weiter verbessert", kündigt er an.

Ebenfalls verkündet wurde die Einrichtung von "Übergangslehrgängen", in denen ukrainische Schüler nach Ende der Schulpflicht Deutsch lernen können, um leichter in Schulsystem und Berufswelt Fuß zu fassen.

System Deutschförderklasse

Ein kurzer Rückblick: Ob ein Kind überhaupt in eine Deutschförderklasse muss, entscheidet sein Abschneiden bei dem Kompetenzcheck Mika-D, der halbjährlich stattfindet. Sind die Kenntnisse "unzureichend" oder "mangelhaft", wird das Kind als außerordentlicher Schüler (a. o.) eingestuft. Aktuell gibt es in Österreich rund 32.000 Schülerinnen mit diesem Status. Kommen in einem Schulstandort acht Schüler zusammen, muss eine Deutschförderklasse eröffnet werden. An der Volksschule haben sie dann 15 Stunden, an einer Mittelschule 20 Stunden Deutsch pro Woche – andere Fächer bleiben dabei oft auf der Strecke. Schaffen die Schülerinnen den Sprung auf "mangelhaft", kommen sie in die Regelklasse und erhalten zusätzlich acht Stunden Deutschförderung.

Nach zwei Jahren ist dann aber Schluss: Dann verfällt der Außerordentliche-Schüler-Status und mit ihm jegliche Förderung – die Kinder und Jugendlichen werden regulär wie andere Schüler benotet. "Mit den bestehenden Förderklassen hat sich ein gutes System etabliert, dessen Ausbau wir nun weiter fördern wollen", verkündet Polaschek ein 4,5-Millionen-Euro-Paket, das pro Jahr jenen Kindern zugutekommen soll, bei denen weiterhin Förderbedarf besteht. Allerdings nur an Volksschulen, Kinder und Jugendliche an Mittelschulen profitieren davon nicht.

Unklarheit bei Schüleranzahl

Wie viele Schüler dieses Zusatzangebot voraussichtlich nutzen werden, kann Polaschek derzeit noch nicht abschätzen. Erhoben wird der Förderbedarf jedenfalls durch Mika-D und Sprachstandsbeobachtung durch Schullehrer und Schulleitung. Die Vergabe der Planstellen erfolge dann auf Basis des Anteils an außerordentliche Volksschülern im Verhältnis zur Gesamtzahl der Volksschüler. Grünen-Bildungssprecherin Sibylle Hamann geht davon aus, dass das Angebot vor allem Ballungsräumen zugutekommt. Wie wichtig dieses ist, hätten die vergangenen zwei Jahre gezeigt: Mit Blick auf den durch Corona eingeschränkten Kindergarten- und Schulbetrieb habe es zuletzt mehr Kinder gegeben, bei denen zwei Jahre Sprachförderung nicht ausgereicht hätten.

Nachdem Sprachenlernen ein Prozess von drei bis sieben Jahren sei, helfe zusätzliche Förderung darüber hinaus auch jenen Schülern bei der Entfaltung ihres Potenzials, die dem Unterricht nach dem Wechsel in den ordentlichen Status grundsätzlich folgen können. Diese Weiterförderung auch für ordentliche Schüler habe man sich bereits im Regierungsprogramm vorgenommen.

Übergangslehrgänge für Ukrainerinnen

Als weitere Maßnahme werden seit Ende Mai für ukrainische Schüler, die nicht mehr schulpflichtig sind, wieder die schon nach der Fluchtbewegung 2015 und 2016 eingeführten "Übergangslehrgänge" an AHS und BMHS angeboten. Damit sollen Jugendliche über 15, die für den Einstieg in ein Gymnasium oder eine BMHS beziehungsweise in einen Beruf ihre Deutschkenntnisse verbessern wollen, Unterstützung erhalten – und zwar auch über die Sommerferien, wie Polaschek betonte.

Geplant sind Gruppen von zwölf bis 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die zwischen vier und sechs Wochen intensive Deutschförderung erhalten. Die Kurse können Lehrer im Rahmen von Nebentätigkeiten anbieten, es soll über freie Dienstverträge aber auch externes Personal eingesetzt werden. Vorgesehen sind 27 Wochenstunden Unterricht, der überwiegende Teil für Deutsch. (Elisa Tomaselli, APA, 21.6.2022)