Unter den vierzehn antretenden Autorinnen und Autoren sind aus Österreich unter anderem Elias Hirschl und ...

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... Barbara Zeman vertreten.

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Anna Baar hält die Eröffnungsrede.

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Betriebsausflug – Endlich wieder! Für jene, die Klagenfurt in zwei Jahren ohne Bachmannpreis vor Ort etwas aus dem Blick verloren haben: Die Stadt mit dem Lindwurm steht noch. Vor Corona zählte man 435.000 Nächtigungen, daran soll wieder angeschlossen werden, und die Chancen stehen gut. Denn nach zwei Jahren mit teils nur von zu Hause eingespielten Videos finden von heute bis Sonntag die Tage der deutschsprachigen Literatur wieder in Vollpräsenz statt. Gut so. Denn zum einen ist es für viele der Autoren der erste Besuch in Klagenfurt überhaupt, zum anderen bietet das Rahmenprogramm unter anderem ein Literaturquiz mit Tex Rubinowitz sowie einen Spaziergang zu Orten von Ingeborg Bachmanns Jugend, dazu kommen Events unter dem Label Salon Inge. Von QR-Codes an 250 Stellen kann man sich die Texte der Autorinnen aufs Handy laden.

Garten – So gedrängt wie vor Corona wird man im ORF-Theater nicht mehr sitzen. Die Jury bezieht zwar ihren angestammten Platz, gelesen wird erstmals im Garten davor. Haben die Jury und die Kandidatinnen in den vergangenen zwei Jahren Gefallen daran gefunden, nicht im selben Raum sitzen zu müssen? Nein, sagt Organisator Horst Ebner: Corona ist schuld. Die Sorge wegen der Infektionszahlen war bei den Überlegungen aber nur ein Aspekt. Ein anderer waren die während der Pandemie erprobten individuellen Kameras für jedes Jurymitglied. Dadurch konnte man bei der Übertragung mit schnelleren Schnittfolgen und Split-Screen arbeiten. Diese Möglichkeiten wollte man nicht mehr aufgeben, sie brauchen jedoch mehr Platz im Studio. Das Publikum darf aber an beiden Schauplätzen dabei sein. Die Wetterprognose für Klagenfurt spricht für die nächsten Tage von heißen Temperaturen und Regen – aber erst abends. Da sind die Lesungen ja vorbei.

Kandidatinnen – Deutsche, Österreicher und Schweizer im Bewerb abzuzählen macht nicht zuletzt deshalb kaum Sinn, weil viele der heurigen Kandidatinnen daneben auch Slowenien, Rumänien, den Irak, Iran oder die USA in ihrer Biografie stehen haben. Oder als Deutsche in Wien leben. Man errechnet inzwischen ohnehin eher Geschlechterverhältnisse. Und da stehen diesmal neun Männern nur fünf Frauen gegenüber. Das war bereits ausgeglichener – man muss gerade deshalb aber auch keine Krise ausrufen. Philipp Tingler und Vea Kaiser haben heuer bei ihren Einladungen eben je zwei Männern den Vorzug gegeben. Unter denen ist hierzulande Elias Hirschl sicher der bekannteste, 2021 hat er mit der Neue-ÖVP-Satire Salonfähig Aufsehen erregt. Die in Wien lebende Barbara Zeman betört mit eigenwilligen Texten wie dem Roman Immerjahn Kritik und Leser.

Punkte – Mit der Ermittlung des Siegers hat der heuer zum 46. Mal stattfindende Bewerb in den letzten Jahren wenig gespielt. Einen Lucky Loser automatisch ins nächste Stechen zu bugsieren sorgte aber 2015 für bedrückende Szenen, als eine Autorin derart nach unten durchgereicht wurde. Heuer vergibt die gegenüber dem Vorjahr unveränderte Jury gleich nach den Lesungen und Diskussionen Punkte von eins bis neun. Das Ergebnis ist bis zur Preisvergabe nur dem Justiziar bekannt. Ihm obliegt es am Sonntag, die Gewinnerinnen und Gewinner, angefangen beim niedrigstdotierten Preis, zu verkünden.

Rede – Die "Rede zur Literatur"bei der Eröffnung heute hält die Klagenfurter Autorin Anna Baar unter dem Titel Die Wahrheit ist eine Zumutung. Wovon sie handelt? "Schon deshalb, weil ich keine Expertin bin, in nichts, am allerwenigsten für das Weltgeschehen oder auch ‚nur‘ die Literatur, bleibe ich bei dem, was ich bezeugen kann", sagt Baar zum STANDARD. Was ist das? "Das, was man vielleicht ‚die Verhältnisse‘ nennt." Man könne die Rede als Fortschreibung von Bachmanns Erzählung Jugend in einer österreichischen Stadt lesen. Baar geht es um das, was im Vergessen und im Schweigen wohnt. Doch ist auch Literatur Thema: "Die Sprachverlotterung und Anbiederung an die Gesetze des Marktes. Das Fiktion-bleibt-Fiktion-Getue. Das Gerede vom ‚freien‘, in Wahrheit unfreien Schriftsteller. Die Pose, die an die Stelle der Poesie tritt." Nachlesen kann man Baars Rede übrigens am Donnerstag auf derStandard.at.

Twitter – "Leon, kannst du mal bitte deine Erwartungen an Klagenfurt in einem Song zusammenfassen?", stellte der Schweizer Juror Philipp Tingler jüngst einen seiner Autoren auf Twitter vor. Das erregte sogleich Spott. So oder so ist Twitter inzwischen ein wichtiger Resonanzboden für den Bewerb. Wer online dabei sein will, macht das unter #tddl. Die Followerpower ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch analytisch spannend.

Werbewert – Aussendungen wie "Bachmannpreis: Autor A nominiert. Debütroman B erscheint im August bei uns" trudeln zu dieser Jahreszeit verlässlich ein. Ob sich Bachmannpreis-Prominenz tatsächlich in mehr Aufmerksamkeit und höheren Verkäufen niederschlägt? Vor 20 Jahren so wie heute, sagen Verlage. Möge dieser Jahrgang in dem Sinne ein guter sein. (Michael Wurmitzer, 22.6.2022)