Die Energiesparmaßnahmen der Netzbetreiber sorgen für kollaterale Probleme bei einigen Nutzern.

Foto: imago/Jan Huebner

Der Kampf gegen den Klimawandel veranlasst auch viele Unternehmen, ihren Emissionsausstoß und Energieverbrauch herunterzuschrauben. Das gilt auch für die österreichischen Mobilfunknetzbetreiber. Magenta, "3" und A1 greifen dabei zu verschiedenen Maßnahmen und installieren etwa auf manchen Sendeanlagen Photovoltaik zur Stromversorgung.

Eine weitere Vorgehensweise ist die Abschaltung einzelner Funkzellen oder Frequenzen bei geringer Auslastung. Die eigentlich sinnvoll klingende Maßnahme – auf die 3 nach eigenen Angaben verzichtet – hat aber für manche Nutzer problematische Nebenwirkungen, wie "LTE-Forum" berichtet.

Als Beispiel für die Energiesparmaßnahme beschreibt man einen Sender, der drei Frequenzen bedient. Bei niedriger Auslastung – vorwiegend in spärlich besiedelten Gegenden oder nachts – werden zwei davon nicht mehr bedient, was den Strombedarf deutlich senkt. Alle drei Betreiber geben an, dieser Praxis zu folgen, betonen aber, dass es dabei nicht zu Einschränkungen für die Nutzer kommen soll und die Versorgungssicherheit gewährleistet sei.

Abschaltung mit Nachwirkungen

In der Praxis sieht das aber offenbar nicht immer so aus. Im "LTE-Forum" meldete eine Reihe von Betroffenen verschiedene ärgerliche Auswirkungen. Berichtet wurde vor allem von teils deutlichen Bandbreiteneinbußen – teils um zwei Drittel des Datendurchsatzes –, mitunter begleitet von kurzzeitigen Verbindungsausfällen. Verwiesen wird außerdem auf eine schon länger laufende Forendiskussion, in der ebenfalls zahlreiche Beschwerden deponiert wurden.

Aber nicht nur während der Abschaltung, sondern auch im "Nachgang", wenn durch die steigende Nachfrage die deaktivierten Frequenzen vom Sender wieder zugeschaltet werden, kann es noch zu Problemen kommen. Viele Router für mobiles Breitbandinternet unterstützen LTE-Advanced mit Carrier Aggregation, können also Datenfunk über mehrere Frequenzen gleichzeitig laufen lassen. Werden alle bis auf eine Frequenz abgeschaltet, so wird auch Carrier Aggregation deaktiviert, schaltet sich aber nicht immer auch automatisch wieder ein. Obwohl also wieder zusätzliche Frequenzen zur Verfügung stehen, läuft die Verbindung dann weiter nur über ein Band mit entsprechenden Bandbreiteneinbußen. Erst ein Neustart des Routers behebt das Problem.

Der Telekomregulator RTR begrüßt prinzipiell die Energiesparambitionen, erklärt gegenüber "LTE-Forum" aber auch, dass es "weder zu einer Einschränkung in der Fläche noch der (wahrgenommenen) Bandbreite kommen sollte". Zudem stellt man in den Raum, dass die Betreiber potenziell gegen ihre Verträge mit den Nutzern verstoßen könnten, da in diesen in der Regel eine solche Leistungsminderung nicht explizit vereinbart sei.

Betroffenen empfiehlt man, Verbindungseinschränkungen über zertifizierte Messungen mit dem RTR-Netztest nachzuweisen. Außerdem möchte die RTR in den "nächsten Wochen" mit den Betreibern über ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen und deren Auswirkungen auf die Qualität ihrer Dienste sprechen. Man selbst führt regelmäßig Messungen durch, um festzustellen, ob die Betreiber den Versorgungsauflagen genüge tun.

Keine einfache Handhabe

Die Handhabe für betroffene Kunden ist aber nicht gar so einfach. Denn, so die RTR gegenüber dem STANDARD: "Zur Frage, ab welcher Abweichung der tatsächlichen von der beworbenen maximalen Bandbreite ein gewährleistungsrechtlich erheblicher Mangel vorliegt, gibt es derzeit keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte, sodass eine Einzelfallprüfung erforderlich ist."

Laut dem Regulator wurden in der hauseigenen Schlichtungsstelle per Ende Mai 615 Verfahren registriert, wovon sich 37 auf die Netzqualität beziehen. Im Vorjahr waren es 1.850 Verfahren, von denen sich 153 um die Netzqualität drehten. Als Beweismittel würden zertifizierte Messungen mit dem RTR-Netztest von den Providern "großteils" akzeptiert, heißt es weiter.

Verkompliziert wird die Debatte durch die Natur von mobilem Breitband als "Shared Medium", bei dem sich die Nutzer einer Funkzelle deren Bandbreite nach verschiedenen Priorisierungskriterien aufteilen. Ebenso beeinflussen der Standort der gerade genutzten Funkzelle, des Routers als auch Wetterphänomene die Qualität der Anbindung. Dementsprechend werben die Anbieter mit unverbindlichen Maximalbandbreiten, die in der Praxis häufig nicht erreicht werden können.

Regulator erwartet Abschwächung des Problems

Bei der RTR rechnet man damit, dass eine etwaige Problemlage sich durch Marktmechanismen beruhigt. Einerseits können Verbindungsbeeinträchtigungen Kunden zu einem konkurrenzierenden Anbieter treiben. Andererseits betreffen etwaige Leistungsminderungen damit auch die Mobilfunker, die sich in die Netze von A1, "3" und Magenta eingemietet haben. "Die RTR geht davon aus, dass es hier eine Abstimmung und Regelungen zwischen den betreffenden Unternehmen geben wird."

Per se verbieten kann die RTR den Betreibern die Frequenzabschaltung nicht, sondern ist ebenfalls an gegebene Vereinbarungen gebunden. "Soweit durch eine solche Vorgangsweise nicht vertraglichen Vereinbarungen auf Endkunden- und Vorleistungsebene widersprochen wird, hat die Regulierungsbehörde keine Handhabe gegen ein solches Vorgehen."

Magenta: Bisher keine Beschwerden

Der Netzbetreiber Magenta hat auf die Berichterstattung zum Thema mittlerweile mit einer Stellungnahme reagiert. Im Sinne der Energieeffizienz werden bereits seit 2018 "zum Beispiel nicht-benötigte Kapazitäten einer Funkzelle in [den] Standby-Modus versetzt", so das Unternehmen. Dies geschehe aber ausschließlich in den Nachtstunden und auch nur dann, "wenn die Zelle von Kunden und Endgeräten nicht genutzt wird."

Das betreffe überwiegend "entlegenere Gebiete". Wird eine Verbindung mit einer Funkzelle im Standby hergestellt, so sei "die volle Leistung sofort wieder da". Diese Praxis habe sei "ausgiebig getestet" worden und habe sich bewährt, da es bis dato keine einzige Kundenbeschwerde dazu gegeben habe.

3: Verzicht auf Abschaltungen

Auch 3 hat sich zur Causa geäußert und betont, ebenfalls "zahlreiche Maßnahmen" zur Reduktion des Energieverbrauchs zu setzen. Neben dem Austausch von Equipment – durch die Umstellung auf 5G sinkt ebenfalls der Energiebedarf bei gleicher übertragener Datenmenge – optimiert man dazu auch Kühlsysteme und setzt auf Photovoltaik. 1

Allerdings achte man stets auf den Erhalt der Servicequalität. Auch deswegen verzichte man auf die Abschaltung von Funkzellen oder einzelnen Frequenzen bei geringer Auslastung. (gpi, 22.6.22)

Update, 13:30 Uhr: Stellungnahme von Magenta ergänzt.

Update, 15:45 Uhr: Stellungnahme von 3 ergänzt.