Auf den Meeren treibende Ölverschmutzungen sind einer Studie zufolge zu einem weit größeren Teil vom Menschen verursacht als bisher angenommen.

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Der Mensch ist nicht die einzige Quelle von die Umwelt verschmutzendes Rohöl. In einigen Studien war man bisher sogar davon ausgegangen, dass ein großer Anteil der weltweiten Erdölaustritte natürlichen Ursprungs sind. Eine aktuelle Untersuchung hat diesen Eindruck allerdings nun etwas zurecht gerückt: Auf den Meeren treibende Ölverschmutzungen sind demnach in Wahrheit zu 94 Prozent auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen, etwa auf Freisetzungen aus Schiffen, Offshore-Förderanlagen oder Pipeline.

Zuvor hatte man beispielsweise für den Zeitraum 1990 bis 1999 geschätzt, dass etwa die Hälfte der auf den Meeren treibende Ölverschmutzungen auf natürliche Lecks im Meeresboden zurückgehen – der aktuellen Auswertung zufolge seien es aber nur rund sechs Prozent. Ein Grund sei vermutlich der in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegene Schiffsverkehr, erläutert Ira Leifer vom Unternehmen Bubbleology Research International in einem Kommentar zur Studie im Fachjournal "Science".

1,5 Millionen Quadratkilometer

Die Forschenden um Yanzhu Dong und Yongxue Liu von der Nanjing University in China hatten auf Satellitenbildern mehr als 450.000 Ölteppiche auf den Weltmeeren identifiziert. Die zwischen 2014 und 2019 erfassten Ölteppiche summierten sich demnach zu einer Gesamtfläche von 1,5 Millionen Quadratkilometern – mehr als die doppelte Fläche Frankreichs.

Die überwiegende Mehrheit der Verschmutzungen befand sich in einem Umkreis von 160 Kilometer von Küsten und entlang von Schifffahrtsrouten. Zu den stark betroffenen Meeresgebieten zählten die Javasee, das Südchinesische Meer und der Golf von Guinea.

Erdöl ist für die sensiblen Ökosysteme in den Meeren ein großes Problem: Selbst eine kleine Menge kann schon große Auswirkungen auf Plankton haben, das eine Nahrungsgrundlage der Ozeane bildet. Andere Meerestiere wie Wale und Meeresschildkröten werden geschädigt, wenn sie beim Atmen mit dem Öl in Berührung kommen.

Künstliche Intelligenz half mit

Für die in "Science" veröffentlichte Analyse hatte das Team mehr als eine halbe Million Bilder zweier Sentinel-Satelliten (1A und 1B) mit Hilfe künstlicher Intelligenz ausgewertet. Die Erdbeobachtungssatelliten tasten die Erdoberfläche aus rund 700 Kilometern Höhe mit sogenanntem Synthetic Aperture Radar (SAR) ab. Satellitentechnologie biete eine Möglichkeit, die Ölverschmutzung der Meere besser zu überwachen, insbesondere in Gewässern, in denen eine Überwachung durch den Menschen bisher schwierig sei, erklärte Yongxue Liu. (red, APA, 23.6.2022)