Durch von Trump ausgehende Bedrängnisse soll es sogar zu Protesten vor Privatwohnsitzen von Vertretern mehrerer US-Bundesstaaten gekommen sein.

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Washington – Hochrangige Vertreter von Regierungen und Parlamenten in den US-Bundesstaaten haben berichtet, wie sie nach der Präsidentenwahl 2020 vom Team des damaligen Amtsinhabers und Wahlverlierers Donald Trump unter Druck gesetzt wurden. Mehrere Zeugen – sowohl live bei der Sitzung als auch in Video-Aufzeichnungen vorheriger Befragungen – legten am Dienstag bei einer Anhörung des Untersuchungsausschusses zur Attacke auf das US-Kapitoldar dar, wie Trump und sein Team sie gedrängt hätten, in ihrem jeweiligen Bundesstaat gegen dessen Wahlniederlage vorzugehen und das Resultat nachträglich umzukehren.

Unter anderem sagte der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses von Arizona, Russell Bowers, aus. Der einstige Trump-Unterstützer beschrieb, wie dessen Team damals mit Wahlbetrugsbehauptungen zu Arizona auf ihn zugekommen sei. Niemand aus Trumps Team habe ihm aber jemals Beweise dazu vorgelegt.

Protestierende vor Privatwohnsitz

Bowers legte dar, wie ihn Trump und dessen Team bedrängt hätten, im Repräsentantenhaus seines Bundesstaates ein Prozedere anzustoßen, um nachträglich gegen Trumps Wahlniederlage in Arizona anzugehen. Dies wäre jedoch gegen das Gesetz und gegen seinen Amtseid gewesen, betonte Bowers. Und er habe Trump persönlich mehrfach klar gemacht, dass er für ihn nichts Illegales tun werde.

Nachdem er sich geweigert habe, sich dem Druck zu beugen, seien jede Woche Protestierende vor seinem Wohnhaus aufmarschiert, hätten ihn als pädophil, pervers und korrupt beschimpft, ihn bedroht und seine ganze Nachbarschaft tyrannisiert, erzählte Bowers weiter. In Mitschnitten zuvor aufgezeichneter Zeugenbefragungen berichteten mehrere andere Vertreter aus den Bundesstaaten Ähnliches.

Drohungen nach Telefonat mit Trump

Bei der Sitzung des Untersuchungsausschusses am Dienstag sagte auch der für die Organisation von Wahlen im Bundesstaat Georgia zuständige Staatssekretär aus: der Republikaner Brad Raffensperger. Georgia war einer der Bundesstaaten, in denen sich die Wahl zugunsten von Biden entschied. Trump hatte Raffensperger damals in einem Telefonat unverhohlen aufgefordert, genügend Stimmen für seinen Wahlerfolg in Georgia zusammenzubringen. Eine Aufnahme des Gesprächs wurde damals an Medien weitergegeben. Darin war unter anderem zu hören, wie Trump sagt: "Ich will nur 11.780 Stimmen finden."

Während der Anhörung am Dienstag wurden diverse Mitschnitte des berüchtigten 67-minütigen Telefonats abgespielt, in dem Raffensperger dem Präsidenten mehrfach widersprach. Raffensperger sagte bei der Sitzung, es gebe keinerlei Zweifel, dass Biden die Wahl in Georgia mit einem Abstand von etwa 12.000 Stimmen gewonnen habe. Mehrere Neuauszählungen seien zum gleichen Ergebnis gekommen. "Die Zahlen sind die Zahlen, und die Zahlen lügen nicht", sagte Raffensperger. "Da waren keine Stimmen zu finden." Raffensperger berichtete, nach seiner Weigerung, Trumps Aufforderung zu folgen, hätten er und seine Ehefrau Drohungen erhalten. All das sei sehr beunruhigend gewesen.

Keine Belege für Wahlbetrug

Trump behauptet bis heute ohne Belege, er sei durch Wahlbetrug um den Sieg bei der Präsidentenwahl 2020 gebracht worden. Über Wochen versuchte er damals mit fragwürdigsten Methoden, den Wahlsieg seines demokratischen Herausforderers Joe Biden nachträglich zu kippen. Sein Lager scheiterte damals auch mit Dutzenden Klagen gegen die Wahlergebnisse.

Sein Lager scheiterte damals auch mit Dutzenden Klagen gegen die Wahlergebnisse. Der Widerstand gegen den Wahlausgang gipfelte in der Attacke auf das Kapitol, die der Untersuchungsausschuss aufarbeitet. Trump musste sich nach der Kapitol-Attacke einem Amtsenthebungsverfahren stellen, an dessen Ende er allerdings freigesprochen wurde. (APA, 21.6.2022)