Mit ihrem Schulstreik für das Klima hat die Schwedin Greta Thunberg die Bewegung Fridays for Future ins Leben gerufen, im Rahmen derer sich mittlerweile Millionen vor allem jüngerer Menschen für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen engagieren. In Österreich etwa setzt sich die Gruppe für einen Baustopp der Wiener Stadtstraße ein.

Thunberg selbst weht, seit sie weltweite Bekanntheit erlangte, immer wieder auch viel Hass entgegen. Im Laufe der letzten Jahre wurden immer wieder auch Falschnachrichten über die 19-Jährige in Umlauf gebracht. Auch aktuell kursiert eine Behauptung über sie, die sich bei genauerem Hinsehen nicht nur als frei erfundenes Zitat, sondern auch in anderer Hinsicht als problematisch erweist.

Auch von Politikern wurde eine entsprechende Grafik geteilt. Neben Vertretern von Parteien, die Thunberg seit eh und je feindselig gegenüberstehen, war auch ein bekannterer Vertreter der deutschen FDP an der Weiterverbreitung beteiligt. Nämlich Hans-Ulrich Rülke, Fraktionsvorsitzender der Partei im Bundesland Baden-Württemberg, der sie auf Facebook geteilt hatte.

Frei erfundenes Zitat

"Ich fordere, dass jetzt alle E-Autos fahren", steht als angebliche Wortspende von Thunberg auf einem Foto der jungen Frau. Daran angehängt wurde ein Bild aus einem nicht näher genannten Abbaubetrieb. Ein Kind schaut in die Kamera. "Wir bauen den Kobalt für deine Akkus so schnell ab, wie wir können, Greta", so der Text.

Allerdings hat Thunberg die ihr unterstellten Worte nie gesagt. Das Foto stammt überdies aus einer Rede von ihr, bei der Elektroautos nicht einmal thematisiert wurden, dokumentiert der deutsche Umweltblogger Jan Hegenberg, auch bekannt als der "Graslutscher". Er verweist bei seiner Aufarbeitung auf zahlreiche Quellen, darunter einen Factcheck der Deutschen Presseagentur (DPA). Laut diesem kursieren Behauptungen über eine angeblich von Thunberg geforderte E-Auto-Pflicht mindestens seit 2019.

Tatsächlich ist weder auf Thunbergs Website noch auf Aufnahmen ihrer Auftritte ein Beleg für ein solches Begehr zu finden. Tatsächlich verzichtet Fridays for Future sogar explizit auf Forderungen hinsichtlich Elektromobilität. "Welche Maßnahmen zur Einhaltung unserer Forderungen am geeignetsten sind, muss die Politik mit Blick auf die Wissenschaft entscheiden. Es muss nur sichergestellt sein, dass die Forderungen umgesetzt werden", heißt es auf der Seite.

Kobalt, Aluminium, Öl und CO2

Als irreführend einzustufen ist auch das zweite verwendete Foto. Denn dieses hat mit Kobaltabbau nichts zu tun, sondern zeigt Kinderarbeit bei der Goldgewinnung in Afrika. Nichtsdestotrotz ist die Gewinnung von Kobalt, die am afrikanischen Kontinent vor allem im Kongo erfolgt, tatsächlich ein realer Kritikpunkt. Das Material wird oft unter gefährlichen Bedingungen und unter Einsatz von Kinderarbeit abgebaut und wird vor allem für Akkus benötigt, die neben E-Autos auch in Laptops, Smartphones und anderer Elektronik stecken. Kritik gibt es hier von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International. Einige Hersteller versuchen, Maßnahmen zu setzen, um die Bedingungen zu verbessern, zudem wird an Akkus gearbeitet, die weniger oder gar keinen Kobalt einsetzen.

Hegenberg weist aber auch auf eine bemerkenswerte Diskrepanz in der Wahrnehmung hin. Denn bei aller legitimen Kritik an E-Autos sollte die Gegenüberstellung mit Verbrennern, deren Alternative sie sind, nicht vergessen werden. Letztlich werden auch konventionelle Autos nicht aus Holz geschnitzt, sondern verwenden etwa viele Aluminiumbestandteile, für deren Herstellung Bauxit gewonnen wird – ebenfalls häufig unter problematischen Umständen. Anzumerken sind außerdem auch die oft gefährlichen Bedingungen beim Recycling von Blei aus Autobatterien wie auch die Folgen von Ölgewinnung und -transport für den Treibstoff.

Ein Vorwurf gegen E-Autos ist zudem, dass sie aufgrund ihrer Herstellung im Vergleich zu Verbrennern mit einem CO2-Rucksack starten. Nach Schätzungen, wie etwa hier vom deutschen Autofahrerverband ADAC publiziert, holen sie diesen Rückstand aber über 50.000 bis 100.000 gefahrene Kilometer wieder auf. Autos kommen laut der Gebrauchtwagenplattform Heycar im Schnitt auf eine Laufleistung von 300.000 Kilometern, wobei es je nach Modell und Wartung deutliche Abweichungen geben kann. (gpi, 22.6.2022)