Eine der prominentesten Töchter der Stadt: die in Wien geborene und begrabene Schauspielerin Hedy Lamarr.

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Nicht ohne Stolz verkündete das Jüdische Museum Wien (JMW) im März 2021 den Erwerb des Nachlasses der Hollywood-Schauspielerin Hedy Lamarr. Selbiger sollte in einem "neu aufzubauenden Museum" künftig der Öffentlichkeit in Wien zugänglich sein, ein Standort werde gesucht.

Diese ambitionierten Pläne haben sich jedoch zerschlagen: Das Projekt wurde bereits Ende 2021 zu Grabe getragen, wie die Wien-Holding und JMW-Direktorin Danielle Spera jetzt auf Anfrage des STANDARD bestätigen.

Der über den amerikanischen Freundeskreis des JMW finanzierte Ankauf in der Höhe von 50.000 US-Dollar oder umgerechnet rund 42.000 Euro wurde ebenso rückabgewickelt wie eine damit verbundene Schenkung des Sohnes der im Jahr 2000 verstorbenen Filmdiva.

Kein Wille zur Finanzierung

Woran es scheiterte? Im Vertrag zum Erwerb des Nachlasses der 1914 in Wien als Tochter eines jüdischen Bankiers geborenen Hedwig Kiesler war mit Anthony Loder ein eigener Standort für die dauerhafte Würdigung des Vermächtnisses seiner Mutter vereinbart worden. Eine Vorgabe, für die seitens der Wien-Holding nach einer Evaluierung tatsächlich der Wille zur Finanzierung fehlte: sowohl den Betrieb eines permanenten Ausstellungsortes betreffend als auch die Schaffung zusätzlicher Präsentationsfläche im Palais Eskeles.

Der von Spera über die Jahre mehrfach angeregte Ausbau des Dachgeschoßes des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes hätte dem Vernehmen nach zumindest drei Millionen Euro verschlungen. Eine Kalkulation aus Zeiten vor der Pandemie, die anhaltende Teuerungen in der Baubranche gar nicht berücksichtigte.

Davon, dass der aus Fotos, privaten Notizen, persönlicher Korrespondenz, Dokumenten und Kleidungsstücken bestehende Nachlass in ihrer Geburtsstadt dauerhaft zugänglich sein sollte, um die Person Lamarr in ihrer Vielschichtigkeit und als "Pionierin für Emanzipation und Selbstbestimmung" zu würdigen, ist Danielle Spera dennoch überzeugt. Dem Sohn sei das noch immer ein Anliegen, und in seinem Auftrag werde sie sich darum "sehr gerne kümmern".

Vorläufer des WLAN

Wenn sie Ende kommender Woche aus ihrem Amt als JMW-Direktorin scheidet, dann wird die von November 2019 bis Dezember 2020 anberaumte Lamarr-Ausstellung Lady Bluetooth mit 30.000 Besuchern die statistisch erfolgreichste ihrer Ära am Museumsstandort Judenplatz gewesen sein.

Die Schau, die nach dem bewährten JMW-Modell jüdische Persönlichkeiten aus Wien vor dem Vergessen bewahren und deren Leistungen in Erinnerung rufen soll, hatte sich mit Lamarrs Rolle als "Erfinderin des Frequenzsprungverfahrens" beschäftigt, das beispielsweise bei Bluetooth und WLAN angewendet wird. Ein Spin, auf dem der von der Stadt Wien in Erinnerung an die "Wissenschafterin" seit 2018 an Forscherinnen in Österreich für ihre herausragenden Leistungen im Bereich der Informationstechnologie vergebene "Hedy-Lamarr-Preis" beruht.

Tatsächlich hatte Lamarr mit dem Komponisten George Antheil 1941 ein Patent zu einer nie umgesetzten störungssicheren Steuerung von Torpedos angemeldet, in dem das Frequenzsprungverfahren eine Rolle spielte. Letzteres war der Forschung damals bereits seit Jahrzehnten bekannt. Der Mythos von der legendären Hollywood-Schönheit als Erfinderin dürfte wohl eher Teil der US-Kriegspropaganda im Zweiten Weltkrieg geschuldet sein. (Olga Kronsteiner, 23.6.2022)