Eine Woche in der virtuellen Realität zu arbeiten war für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Untersuchung im Schnitt keine besonders positive Erfahrung.

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Persönlichere Interaktion trotz Distanz, interaktive Präsentationen, schnelle Kommunikationswege. Wenn man Mark Zuckerberg eines nicht vorwerfen kann, dann ist es mangelnde Überzeugung dafür, dass die Zukunft im Metaverse liegt. Immerhin hat er auch zugunsten dieser Vision gleich den von ihm gegründeten IT-Riesen Facebook in Meta umbenannt.

Die Arbeit in einer virtuellen Realität (Virtual Reality, VR) soll zahlreiche Vorteile mit sich bringen, tatsächliche Büroaufenthalte weniger notwendig machen und mehr Freiraum schaffen. So jedenfalls die Theorie. Im ersten wissenschaftlichen Praxistest ist das Konzept nun allerdings durchgefallen, berichtet New Scientist.

Eine Woche Office, eine Woche Metaverse

Forscherinnen und Forscher der deutschen Universität Coburg und der britischen Cambdrige University haben eine Untersuchung durchgeführt und dazu nun ihre Arbeit auf Arxiv (PDF) veröffentlicht. Die Ergebnisse sind noch mit gewisser Vorsicht zu genießen, da das Peer-Review noch ausständig ist.

Sie ließen 16 Personen – externe Studienteilnehmer sowie Universitätsangestellte – eine 35-Stunden-Woche mit Arbeit in einem herkömmlichen Büro verbringen. Anschließend gingen die Personen den gleichen Tätigkeiten eine Arbeitswoche lang in einer VR-Umgebung nach. Das Resultat fiel ernüchternd aus.

Stress, Frust und Übelkeit

Bei den meisten gemessenen Kriterien schnitt die Metaverse-Woche "signifikant schlechter" ab. Das betraf insbesondere Produktivität und gesundheitliche Kriterien. Die Arbeit wurde um 19 Prozent stressiger empfunden, die Arbeitslast gleich um 35 Prozent größer wahrgenommen. Die Frustration darüber, Arbeit nicht effizient oder in angemessener Zeit erledigt zu haben, wuchs um 42 Prozent. Die Produktivität hingegen fiel nach eigener Einschätzung der Probanden um 16 Prozent.

Auf körperlicher Ebene wurde im Rahmen der Arbeit in VR häufig über Überanstrengung und Ermüdung der Augen sowie Kopfschmerzen, Übelkeit geklagt. Zwei Teilnehmer mussten, da sie von diesen Symptomen besonders stark betroffen waren und das Tragen des VR-Headsets als extrem unangenehm empfanden, nach dem ersten Tag der Metaverse-Woche aus der Untersuchung ausscheiden. Ein anderer berichtet von drei Stunden anhaltender Migräne nach 45 Minuten intensiver Arbeit in der virtuellen Umgebung.

Mark Zuckerberg über das Arbeiten im Metaverse.
Meta

Die Forscher gaben an, dass sie für die Ausstattung nicht die teuersten oder als am komfortabelsten angesehenen VR-Lösungen gewählt hatten. Dies sei aber absichtlich so gehandhabt worden, da viele Unternehmen gar nicht die Geldmittel hätten, um ihren Büromitarbeitern Highend-VR-Systeme zur Verfügung zu stellen. Diese sind ab circa 2.000 Euro zu haben, wobei die Kosten pro Person zu verstehen sind.

Einschränkend fügten die Wissenschaftler aber hinzu, dass ein Teil der Probanden zuvor noch keinerlei Erfahrung mit der virtuellen Realität gemacht hatte, was zu ihrer Frustration beigetragen haben könnte. Man habe Anzeichen dafür gesehen, dass sich die unangenehmen Auswirkungen für manche Erstlinge mit der Zeit zu legen begonnen hatten.

Hohe Erwartungen in Chefetagen

Ungeachtet der ersten Ergebnisse sind die Erwartungen an das Metaverse groß, auch wenn die technologische Entwicklung für die Arbeit im virtuellen Büro wohl noch einige Jahre Entwicklung benötigt. "Fortune" zitiert diesbezüglich eine Umfrage von Accenture.

Dabei rechneten in den Chefetagen von Unternehmen 71 Prozent der Teilnehmer mit positiven Geschäftsauswirkungen durch das Metaverse. 42 Prozent erhoffen sich gar eine "Transformation" oder "Durchbruch". (gpi, 22.6.22)