In China gibt es mehr als 620 Millionen Überwachungskameras.

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Der große Vorteil einer Demokratie gegenüber autokratischen Systemen ist neben Rechtsstaatlichkeit und Schutz von Minderheiten eine direkte Beziehung zwischen Volk und Regierenden. Ist diese nicht vorhanden, entsteht Misstrauen. Die Bürger schimpfen auf "die da oben", und die Regierenden halten das Volk für eine gefährliche Masse, die ständig beobachtet und kontrolliert werden muss.

Trotz der gewaltigen wirtschaftlichen Erfolge der vergangenen zwei Jahrzehnte hat sich in China an dieser Beziehung nichts geändert. Die Kommunistische Partei Chinas hat Angst vor dem eigenen Volk. Und wer Angst hat, will kontrollieren.

Zugriff auf die Körper der Chinesen

So lassen sich auch die Ergebnisse der Recherchen der New York Times über den Stand der digitalen Überwachung in China verstehen. Nicht nur, dass mehr als 620 Millionen Überwachungskameras die 1,3 Milliarden Chinesen auf Schritt und Tritt überwachen und dass diese Bilder mit Bewegungsdaten von Handy-Empfängern verknüpft werden – auch auf die Körper der Bürgerinnen und Bürger greift die Partei direkt zu.

Anhand von Speichel- und anderen Gewebeproben erstellt das Regime eine biometrische Datenbank. Dazu dürften auch die enorm vielen PCR-Tests der vergangenen Monate beigetragen haben – es ist der einfachste Weg der KP, an das Genom ihrer Bürger zu kommen. So sollen potenzielle Verbrecher schon vor der Tat identifiziert und daran gehindert werden. Die totale Kontrolle wird Realität. (Philipp Mattheis, 22.6.2022)