Der längste Fluss Italiens, der Po, führt derzeit besonders wenig Wasser.

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In Italien kämpfen Menschen aktuell mit einer dramatischen Dürre. Viele Flüsse und Seen im Norden des Landes verzeichnen historische Tiefststände. Inzwischen ist auch ein Streit um das Wasser des Gardasees ausgebrochen.

Auch andere Regionen leiden unter Wasserknappheit: In Spanien geht das Grundwasser zurück, es wird zunehmend trockener, in den USA droht der Colorado River langsam zu verschwinden, in der Nelson Mandela Bay in Südafrika braut sich eine neue Wasserkrise zusammen – nur vier Jahre nach der Gefahr des "Day Zero" in Kapstadt, also jenes Tages, an dem der Stadt das Wasser auszugehen drohte. Auch im Libanon, Syrien, Äthiopien, in Pakistan und anderen Entwicklungsländern fehlt vielen Menschen schon seit Jahren der Zugang zu sauberem Trinkwasser. Laut Unesco entnehmen Menschen Flüssen, Seen und dem Grundwasser heute dreimal so viel Wasser wie vor 50 Jahren. Bis 2050 könnte mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebieten von Wasserknappheit betroffen sein.

Wissenschafterinnen und Wissenschafter arbeiten deshalb bereits seit vielen Jahren an Lösungen für die Wasserknappheit. Nicht nur neue Technologien, sondern auch ein bewussterer Umgang mit dem zum Teil knappen Gut sollen künftig dabei helfen, Wasserkrisen zu verhindern. Wie vielversprechend sind die unterschiedlichen Ansätze?

Trinkwasser aus dem Meer gewinnen

Es ist die für viele wohl auf den ersten Blick offensichtlichste Lösung für die Wasserkrise: Wasser dort herzunehmen, wo es massenweise verfügbar ist – aus dem Meer. Ozeane bedecken mehr als zwei Drittel dieser Erde. Doch lediglich drei Prozent des Wassers auf dem Planeten sind trinkbar.

Einige Länder, wie hier Israel, setzen auf Entsalzungsanlagen für die Trinkwasserversorgung.
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Tatsächlich stehen in vielen Ländern, darunter Saudi-Arabien, Oman, Spanien, Israel, Indien, China und Australien, schon seit vielen Jahren größere Entsalzungsanlagen. Momentan erzeugen sie allerdings weniger als ein Prozent des weltweiten Trinkwassers.

Das Problem: Entsalzungsanlagen sind teuer und energieintensiv. Wirtschaftlich sinnvoll sind sie laut einigen Forschenden nur dort, wo das Klima trocken ist, wenig andere Trinkwasseroptionen verfügbar sind und die Stadt nahe an der Küste liegt.

Ein weiteres Problem, vor dem Umweltschützer warnen: Bei der Entsalzung entsteht als Abfallprodukt eine hochkonzentrierte Salzlösung, die sogenannte Sole, die bei unbedachter Entsorgung der Umwelt und Meereslebewesen schadet. Nicht zuletzt ist das Wasser allein durch die Entsalzung nicht trinkbar. Es muss auch die Carbonathärte im Wasser wieder erhöht werden, wofür ebenfalls Energie notwendig ist.

Das Unternehmen Elemental Water Makers will kleinere Entsalzungsanlagen mit Solaranlagen betreiben.
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Einige Forschende glauben aber, dass sich die Technologie in den nächsten Jahren so weit verbessert, dass die Entsalzung weltweit zunehmen wird. Eine Idee ist etwa, Entsalzungsanlagen mit Atomenergie zu betreiben und sie statt an Land auf den Meeren schwimmen zu lassen. Das britische Unternehmen Core Power entwickelt bereits solche Schiffe, die künftig auch Inseln mit Trinkwasser versorgen sollen. Momentan steckt die Technologie aber noch in den Kinderschuhen.

Einen anderen Versuch startete das niederländische Unternehmen Elemental Water Makers. Es will künftig Solarenergie, Windenergie und sogar Wellenkraft nutzen, um Entsalzungsanlagen zu betreiben. Zudem soll bei der Entsalzung nur ein kleiner Teil Frischwasser aus einer bestimmten Menge Salzwasser entnommen werden, um eine weniger salzhaltige Sole zu erhalten und damit der Umwelt weniger zu schaden.

Regenwasser besser sammeln

In jenen Regionen, in denen es häufig genug regnet, ist laut Experten eine der einfachsten und effektivsten Möglichkeiten, Wasserknappheit zu verhindern, Regenwasser besser zu speichern. Seit Tausenden von Jahren speichern Menschen Regenwasser in unterirdischen Zisternen und Teichen.

Nun soll die Methode zum Teil wiederbelebt werden: Seit vergangenem Jahr müssen etwa Häuslbauer in Istanbul, die auf einem Grund, der größer als tausend Quadratmeter ist, ein Haus errichten wollen, einen unterirdischen Wasserspeicher bauen. Und auch im Rest der Türkei sind ähnliche Maßnahmen geplant, um künftig mehr Wasser für Trockenperioden zu speichern.

Alte Zisternen, die immer noch in Istanbul zu finden sind, könnten bei der Wasserspeicherung Vorbild für die Zukunft sein.
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In Städten wie Kapstadt, in denen das Wasser immer wieder knapp ist, haben Bewohnerinnen und Bewohner begonnen, vermehrt Regenwasser über Hausdächer zu sammeln. Derart gespeichertes Regenwasser könnte nicht nur zu Trinkwasser aufbereitet werden und dabei helfen, Überflutungen zu verhindern, sondern auch in der Landwirtschaft eingesetzt werden, glauben Expertinnen.

Denn die Landwirtschaft ist weltweit die größte Verbraucherin von Wasser. 70 Prozent des Wassers gehen in die Bewässerung von Feldern, 20 Prozent in die Industrie und zehn Prozent in die Haushalte. In vielen Ländern wird Wasser auf Feldern wenig effizient ausgebracht, wo es rasch wieder verdunstet oder durch den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln das Grundwasser und Flüsse und Seen belastet.

Ein großer Teil des Wassers wird weltweit für die Bewässerung von Feldern verwendet.
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Intelligentere Bewässerungssysteme und künstlich angelegte Dämme und Gräben könnten laut Experten künftig dabei helfen, mehr Feuchtigkeit im Boden zu speichern und damit den Wasserverbrauch zu reduzieren. Auch indem Flächen entsiegelt und aufgeforstet werden, kann wieder mehr Regenwasser versickern und ins Grundwasser gelangen.

Eigenen Verbrauch überdenken

Dass es in Entwicklungsländern immer wieder zu Wasserkrisen kommt, ist auch dem Konsum in der westlichen Welt geschuldet, kritisieren einige. Denn Wasser steckt in beinahe allen Konsumgütern. So bleibe etwa durch den wasserintensiven Avocadoanbau im bereits jetzt wasserarmen Chile weniger Wasser für die Bewohner vor Ort übrig, was wiederum Konflikte anheizen kann. Besonders viel Wasser geht in die Produktion von Fleisch und die dafür benötigten Futtermittel. Ein Kilo Rindfleisch verbraucht Studien zufolge mehr als 15.000 Liter Wasser.

Die Textilindustrie ist wie hier in Indien für teilweise enorme Wasserverschmutzungen verantwortlich.
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Aber auch die Herstellung und das Einfärben von Baumwolle und damit von Kleidung verbraucht große Mengen Wasser, das noch dazu meist massiv mit Schadstoffen belastet ist. Besonders problematisch sei auch der Konsum von Gemüse, Fleisch und Früchten, die aus Regionen stammen, in denen die Wasserressourcen bereits jetzt überstrapaziert sind, heißt es in einem Bericht des WWF. Das treffe etwa auch auf viele spanische Anbaugebiete für Zitrusfrüchte und Tomaten zu.

Wer Wasser einsparen will, kann dies also nicht nur durch den Kauf von Secondhandkleidung oder einer vegetarischen oder fleischärmeren Ernährung tun, sondern auch, indem er oder sie kürzer duscht (solange die Hygiene darunter nicht leidet), Lecks und tropfende Wasserhähne repariert, die Waschmaschine nur bei voller Beladung benutzt oder den Garten oder die eigenen Pflanzen nicht mit Trinkwasser, sondern mit Regenwasser gießt. Über verschiedene Plattformen lässt sich mittlerweile auch der eigene Wasserfußabdruck berechnen. Während der Wasserkrise in Kapstadt wurde der Wasserverbrauch etwa zeitweise auf 50 Liter pro Kopf und Tag begrenzt. Zum Vergleich: In Österreich verbraucht jeder Mensch durchschnittlich 130 Liter Trinkwasser pro Tag.

Abwasser besser recyceln

Besser, als bestehende Grundwasserreserven und Gewässer immer mehr anzuzapfen, ist, wenn man verbrauchtes Wasser wieder recycelt und nutzbar macht, sagen Expertinnen und Experten. Doch laut UN werden weltweit rund 80 Prozent des Abwassers einfach unbehandelt wieder in die Umwelt gespült.

Durch die sogenannte Umkehrosmose wird in Singapur Abwasser gereinigt, bis es am Ende wieder trinkbar ist.
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Kaum ein Land investierte in den vergangenen Jahren so viel in die Wiederverwertung von Abwasser wie Singapur. Das Ziel: beim Wasserimport von Nachbarstaaten wie Malaysia unabhängiger zu werden. Seit Jahren baut das Land ein ausgefeiltes Netz an Kanälen und hochtechnischen Anlagen zur Wiederaufbereitung des Abwassers. 40 Prozent des Abwassers werden in dem Land derzeit recycelt, in Zukunft soll es laut Regierung noch weit mehr sein. Das meiste so wiederaufbereitete Wasser wird für die Industrie verwendet, einiges aber auch für die Trinkwasserversorgung.

Wie Wasserknappheiten künftig verhindert werden können, hängt laut Expertinnen und Experten aber auch von einer Reihe anderer Faktoren ab: beispielsweise davon, wie gut Länder und Regionen künftig miteinander kooperieren, wenn es um ihre Wasservorräte geht, wie gut die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung funktioniert, wie streng Unternehmen bei der Wassernutzung kontrolliert werden und wer überhaupt Zugang zu Wasserressourcen bekommt.

An Italien lässt sich momentan ablesen, wie solche Konflikte in Zukunft möglicherweise gelöst werden können – und wie der Gardasee damit auch zukünftigen Generationen noch zur Verfügung stehen kann. (Jakob Pallinger, 24.6.2022)