Klimaschutzministerin Gewessler kündigt eine große Energiesparkampagne an.

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Wien – Einen raschen Ausbau erneuerbarer Energien, mehr Flüssiggasimporte aus Katar, gar die Reaktivierung eines Kohlenkraftwerks in der Steiermark: Bisher setzt Österreichs türkis-grüne Bundesregierung vor allem auf technische Lösungen im Kampf gegen Rekordpreise für Energie und die Abhängigkeit von Russland. Was dabei zu kurz kommt, ist der Aspekt des Energiesparens.

Das soll sich nun ändern. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat für den kommenden Herbst eine große Energiesparkampagne angekündigt. Sie werde sich an die breite Öffentlichkeit richten, so eine Sprecherin der Ministerin gegenüber dem STANDARD.

Warum erst Herbst?

Es ist eine Maßnahme, von der man sich durchaus gewisses Potenzial versprechen kann. "Zehn Prozent Einsparung über alle Sektoren hinweg wären ohne zusätzliche Investitionen relativ leicht möglich", sagt Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur (AEA). Aber warum erst im Herbst? Immerhin wird in Deutschland eine vergleichbare Sparkampagne bereits früher laufen. Während der Heizsaison im Winter seien höhere Einsparungen bei Gas zu erzielen als im Sommer, begründet das Ministerium den Zeitpunkt. Österreich unterscheidet sich nämlich in der Energieversorgung von Deutschland: Dort laufen auch im Sommer Gaskraftwerke, um Strom zu erzeugen – in Österreich indes entsteht in den heißen Monaten viel Strom aus Erneuerbaren.

DER STANDARD hat vom Klimaschutzministerium erste Details erfahren, welche konkrete Aufforderungen an die Bevölkerung gerichtet werden sollen. Was dabei auffällt: Es geht nicht nur um Einsparungen im Bereich Gas, sondern auch um solche im Strombereich oder etwa bei Treibstoffen für Autos.

Heizung runter!

Einige der Aufforderungen im Rahmen der Kampagne laut Klimaschutzministerium: Die Raumtemperatur sollte um ein oder zwei Grad Celsius reduziert werden. Heizkörper gilt es vor der Heizsaison ordentlich zu entlüften. Selbige sollten zudem nicht von Möbeln verstellt oder von Vorhängen verhängt sein. Türen und Fenster sollen abgedichtet sein. Beim Kochen gehört der Deckel auf den Topf. Wasser sollte abgedreht werden, wenn man es nicht benötigt. Und last, but not least wird empfohlen: weniger Geschwindigkeit beim Autofahren.

Freilich: All das sind lediglich Vorschläge, keineswegs Verpflichtungen. Dabei wären gerade solche in manchen Bereichen durchaus sinnvoll, meinen Experten. Vor allem im Mobilitätssektor: Eine gesetzliche Temporeduktion von 130 auf 100 Stundenkilometer auf der Autobahn beispielsweise bringe ein Viertel weniger Energieverbrauch je Fahrzeug, argumentiert Johannes Wahlmüller, Energieexperte der Umweltschutzorganisation Global 2000: "Tempo 100 ließe sich leicht einführen, ginge sehr schnell, kostete nichts und erhöhte nebenher noch die Verkehrssicherheit." Doch derartige Maßnahmen, die über Empfehlungen hinausgehen, sind laut Klimaschutzministerium nicht geplant. (Joseph Gepp, 23.6.2022)