Das Bild zeigt die Grabstätte von AKG 3420 aus Yu-hari, eines Kindes aus der koreanischen Drei-Königreiche-Zeit.

Foto: John Bahk

Die genetische Vielfalt auf der koreanischen Halbinsel hat sich im Lauf der vergangenen zwei Jahrtausende verändert. Vor rund 1.700 Jahren, zur Zeit der Drei Königreiche zwischen dem ersten Jahrhundert vor und und dem siebten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung, war sie deutlich größer als heute. Das zeigt die Sequenzierung und Untersuchung des Genoms von acht Individuen aus dieser Zeit durch österreichische und südkoreanische Forscher, die darüber im Fachjournal "Current Biology" berichten.

Die Zeit der Drei Königreiche

Von etwa 57 vor bis 668 n.u.Z. existierten auf der koreanischen Halbinsel die drei Königreiche Goguryeo, Baekje und Silla. Goguryeo umfasste die Mandschurei und den Norden der Halbinsel, Baekje und Silla teilten sich die Gebiete südlich des Flusses Hangang. Außerdem entwickelten sich im Süden die Gaya-Stammesstaaten, die etwa 500 Jahre lang existierten, bis sie dann von Silla eingenommen wurden.

Ein Forschungsteam um Pere Gelabert und Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien haben nun gemeinsam mit südkoreanischen Forschern Erbgut aus acht Skelettresten analysiert. Diese stammten aus zwei archäologischen Stätten in Gimhae in der Nähe der zweitgrößten Stadt Südkoreas, Busan. Dabei handelt es sich einerseits um einen zum Weltkulturerbe zählenden Grabkomplex der Gaya-Konföderation, dem Daesung-dong Tumuli, andererseits um den Muschelhügel Yuha-ri.

Menschenopfer und Grabbesitzer

Unter den untersuchten Individuen befanden sich sowohl Grabbesitzer als auch Menschenopfer. Außerdem analysierten die Forschenden die Erbinformationen eines Kindes aus einem sogenannten Muschelhügel. Alle Gräber sind damit typisch für die Bestattungspraktiken der Gaya-Region zwischen 300 und 500 n.u.Z.. "Die individuellen genetischen Unterschiede stehen in keinem Zusammenhang mit der Grabtypologie, was darauf hindeutet, dass die Entwicklung der Drei Königreiche in Korea nicht mit der genetischen Abstammung zusammenhängt", erklärt der Anthropologe Gelabert.

Weiters belegte das Erbgut die damals größere genetische Vielfalt als heute: Sechs der acht untersuchten Individuen waren genetisch näher verwandt mit modernen Koreanern, modernen Japanern, Kofun-Japanern und neolithischen Koreanern. Zwei Personen lagen etwas näher an den Genomen der modernen Japaner und der alten japanischen Jomonen.

Die Gesichtsrekonstruktion von vier gefundenen Individuen basieren auf der 1.700 Jahre alter DNA.
Illustr.: Current Biology

Rekonstruierte Gesichter

Heutige Koreanerinnen und Koreaner haben den Forschenden zufolge die mit den Jomonen assoziierte genetische Komponente verloren. Offensichtlich haben sich die Koreaner nach der Zeit der Drei Königreiche innerhalb der Halbinsel vermischt bis sie ihre heutige Homogenität erreicht haben.

Mit der Studie gelang es auch erstmals, ausschließlich auf Grundlage des Erbguts Gesichter der antiken Individuen zu rekonstruieren. Diese DNA-basierte Vorhersage der Gesichtsmerkmale zeigte, dass die Personen aus der Zeit der Drei Königreiche modernen Koreanern ähnelten. (red, APA, 22.6.2022)