Das Team des Kle vor dem unprätentiösen Gebäude in der Zweierstraße 114 in Zürich.

Foto: Kle/Erna Drion

Vegane Zauberei: Die Gerichte kommen fast ganz ohne exotische Lebensmittel aus.

Foto: Kle/Erna Drion

Abwechslung wird auf manchen Tellern an der Limmat kleingeschrieben. Zu viele Lokale in Zürich servieren selbstbewusst zweierlei Einheitsbrei zu einem Preis: Zürcher Geschnetzeltes kostet fast überall in der Stadt 45 Schweizer Franken, ein bisschen wie in einem Kartell. Alternativ gibt's den kulinarischen Exoten Wiener Schnitzi. Immerhin kommt es im Kleinkanton fast immer vom Kalb, aber um ebenso wohlfeile 45 Fränkli auf den Teller.

Zum Einheitspreis des Einheitsbreis gesellt sich aktuell ein "Einheitskurs", der einen Schweizer Franken einen Euro kosten lässt. Beislküche müssen sich Esserinnen und Esser auf Besuch in der Schweiz also erst einmal leisten können, selbst wenn diese sich dort gar keine Hausmannskost gewünscht hätten. Wer in Zürich etwas kulinarisch Verrücktes machen will, sollte demnach komplett umdenken. Was, wenn man das Fleisch einfach ganz weglässt und dafür rund doppelt so viel ausgibt?

Wählen und staunen

Wer diese Strategie ausprobieren will, kann sein Glück im Restaurant Kle in der Zweierstraße 114 versuchen. "Glück" deshalb, weil bei Zineb "Zizi" Hattab schon in zwei Sitzungen gegessen wird und ohne Reservierung gar nix geht. Hattab ist die bekannteste vegane Köchin der Stadt und betreibt im Wohnbezirk Wiedikon schräg gegenüber einer gut besuchten Synagoge ein spannendes Gasthaus. Bei der ehemaligen Software-Ingenieurin können Gäste zwischen drei, vier oder fünf Gängen ab 78 Schweizer Franken wählen und staunen, wie aufregend knusprig frittierte Pilze und Rote Rüben als Tartar oder hauchdünn angerichtet schmecken können.

Es ist ja nicht so, dass fleischlose Kost in Zürich keine Tradition hätte. Mit dem Hiltl verfügt die Stadt seit 1898 vermutlich über das älteste vegetarische Restaurant der Welt. Vielleicht aber hört sich das "Ah" und das "Oh" der Gäste im ausschließlich veganen Restaurant Kle noch erstaunter an, wenn beim Servieren das Geheimnis der wenigen Zutaten gelüftet wird.

Die nächste Überraschung: Hattabs vegane Zauberei kommt fast ganz ohne exotische Lebensmittel aus. Die Ingenieurin von rein pflanzlicher saisonaler Spitzenküche muss also auch verdammt gute Lieferanten haben, dass das alles so außergewöhnlich schmeckt. (Sascha Aumüller, 24.6.2022)

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