Im Dezember 2025 soll Bepicolombo endgültig in einer Umlaufbahn um den Zielplaneten Merkur einschwenken.

Illustr.: ESA/ATG MEDIALAB

Das eigentliche Ziel der europäisch-japanischen Raumsonde Bepicolombo ist der Merkur, der sonnennächste und kleinste Planet des Sonnensystems. Die nach dem italienischen Mathematiker und Ingenieur Giuseppe "Bepi" Colombo benannte Mission gilt als das bisher kompliziertestes Raumfahrtprojekt Europas, insbesondere, weil es angesichts der enormen Schwerkraft der Sonne viel Energie erfordert, eine Raumsonde so abzubremsen, dass sie in eine Umlaufbahn um den innersten Planeten des Sonnensystems einschwenken kann.

Damit das gelingt, muss Bepicolombo insgesamt neun Planeten-Vorbeiflüge absolvieren. Nun steht die zweite Passage am Merkur unmittelbar bevor. Die Sonde nützt den Vorbeiflug für eine Bahn- und Geschwindigkeitsänderung und soll schließlich im Dezember 2025 in eine Merkurumlaufbahn einschwenken.

Sparsame Kurskorrektur

Bereits im Oktober 2021 näherte sich Bepicolombo bis auf 200 Kilometer an den heißen Planeten an. Am 23. Juni wird die Raumsonde die Schwerkraft des Planeten Merkur wiederum nutzen, um die Bahn und Geschwindigkeit fast ohne den Einsatz von Antriebsdüsen und Treibstoff zu verändern, teilte das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) mit.

Im Rahmen von Bepicolombo fliegen erstmals zwei Orbiter (Mio und MPO) zugleich zum ebenfalls heißen Merkur. Das IWF ist an den Magnetfeldmessgeräten auf beiden Raumsonden und am Ionenspektrometer PICAM auf MPO beteiligt. Mithilfe der beiden Orbiter sollen ab Dezember 2025 die Oberfläche und das Magnetfeld von Merkur untersucht werden. Das europäisch-japanische Gemeinschaftsprojekt – unter starker österreichischer Beteiligung – mit Gesamtkosten von rund zwei Milliarden Euro soll dazu beitragen, die Ursprünge des Sonnensystems zu verstehen.

Merkurs Magnetfeld

Schon während des ersten Vorbeiflugs im Herbst 2021 waren die beiden Magnetometer eingeschaltet: "Für einige Instrumente an Bord war es der Beginn ihrer wissenschaftlichen Datensammlung und eine Chance, sich auf die Hauptmission vorzubereiten", sagte Wolfgang Baumjohann, der die wissenschaftliche Leitung für das Mio-Magnetometer innehat. So zeichneten zum Beispiel die Sensoren des MPO-Magnetometers, die am bereits ausgeklappten Boom (Ausleger) sitzen, bereits Details des Sonnenwinds und des Magnetfelds um Merkur auf.

"Bisher konnte nur die nördliche Merkur-Hemisphäre von der MESSENGER-Mission der NASA magnetisch vermessen werden. Bepicolombo hat nun erstmals Daten von der südlichen Hemisphäre des Planeten nahe der Oberfläche gesammelt", so Daniel Schmid, beteiligter Wissenschafter im Grazer Magnetometerteam über die bisherigen Erfolge. Über die erfassten Daten konnten bereits das An- und Abschwellen des planetarischen Magnetfeldes und der Sonnenwind hörbar gemacht werden, wurde berichtet. Das Ionenspektrometer PICAM habe erstmals Ionen auf der Tag- und Nachtseite des Planeten eingefangen. Diese Daten werden jedoch noch ausgewertet.

Aufnahme des Merkur während des ersten Vorbeifluges von Bepicolombo.
Foto: ESA

Blick auf den Sonnenwind

Für den zweiten Vorbeiflug am Zielplaneten will das PICAM-Team Betriebsmodi mit hoher zeitlicher Auflösung einsetzen und testen. "Die Fähigkeit der Ionenkamera, durch schnelle Messungen mit einer Integrationszeit von nur 250 Millisekunden pro Einstellung quasi Schnappschüsse zu erstellen, wird benötigt, um die hochdynamischen Prozesse in den Randgebieten der Merkur-Magnetosphäre zu erfassen und abzubilden," erklärte IWF-Forscher Gunter Laky vom PICAM-Team. Durch den fast ununterbrochen Betrieb für 72 Stunden ergebe sich zusätzlich die Möglichkeit, das Verhalten und die Zuverlässigkeit des Instrumentes bei Langzeitmessungen zu studieren.

Insgesamt erhoffen sich die Grazer Wissenschafter vom zweiten Merkur-Vorbeiflug ein besseres Verständnis des Magnetfeldes rund um den Merkur. Bepicolombo wird wieder an der südlichen Hemisphäre vorbeifliegen und sich dem Planeten diesmal bis auf 200 Kilometer nähern. "Diesmal wird die Raumsonde aber auch die Tagseite erkunden und ein besonderes Augenmerk auf die Wechselwirkung zwischen dem Sonnenwind und dem schwachen internen Magnetfeld des Merkurs legen", schloss Schmid. (red, APA, 23.6.2022)