Patientenanwalt Gerhard Jelinek und Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) bei der Pressekonferenz.

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"Kooperation statt Konfrontation. Aufklärung statt Aufregung. Äquidistanz schafft Akzeptanz. Transparenz schafft Toleranz." Das sind die Schlagworte, mit denen Wiens neuer Patientenanwalt Gerhard Jelinek sein Rollenverständnis beschreibt. Der 65-jährige Ex-Präsident des Oberlandesgerichts Wien tritt, wie berichtet, am 1. Juli die Nachfolge von Sigrid Pilz an. Sie hatte den Posten für zwei Funktionsperioden à fünf Jahre inne und sich auch für eine dritte Amtszeit beworben, doch sie unterlag.

Auf das erste und das letzte der vier Begriffspaare ging Jelinek am Donnerstag bei seiner Antrittspressekonferenz im Rathaus ein. Er habe kritische Gespräche nie gescheut, betonte er. "Dabei habe ich allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass Kooperation bessere Ergebnisse erzielt als Konfrontation." Deshalb werde er auf Dialog und Offenheit setzen, versprach der neue Patientenanwalt.

Jelinek sieht sich als Vermittler zwischen Patientinnen und Patienten, Heimbewohnern und dem Gesundheitswesen bzw. dem Pflegebereich. Wie Jelinek sein Amt konkret anlegen wird, ließ er noch offen: Seine erste Aufgabe sei nun, mit seinem Team ein Konzept zu entwickeln.

Bewerbung "auf Empfehlung von Bekannten"

Die anderen drei Wortkombinationen sind in Jelineks Bewerbung nachzulesen, die dem STANDARD vorliegt. Daraus geht auch hervor, wie der pensionierte Jurist offiziell auf die Idee kam, für den Posten ins Rennen zu gehen: "Empfehlung von Bekannten", ist darin zu lesen.

Als sich Jelinek am Dienstag im Gesundheitsausschuss vorstellte, soll er dies allerdings anders begründet haben. Laut Äußerungen des grünen Stadtrats Peter Kraus im "Kurier" hat Jelinek am Dienstag im Gesundheitsausschuss gesagt, dass er sich an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gewandt habe, weil ihm in der Pension langweilig sei. Das sei ein Scherz gewesen, heißt es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) dazu.

Stadtrat verärgert über Kritik

Dieser freute sich bei der Pressekonferenz darüber, dass "wir einen neuen Patientenanwalt haben". Wie gesetzlich vorgeschrieben, habe die Stadt die Leitung der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft im Frühling neu ausgeschrieben. Jelinek sei als bestgereihter Kandidat aus dem Prozess hervorgegangen. Er habe keinen Grund gesehen, an der Reihenfolge "herumzumäkeln", sagte der Stadtrat. Formal bestellt wird der Patientenanwalt von der Landesregierung.

Damit spielte er auf Kritik an Jelineks Bestellung – allen voran aus grünen Reihen – an. Die Grünen, für die die abgelöste Sigrid Pilz vor ihrem Wechsel in die Patientenanwaltschaft im Gemeinderat gesessen ist, hatten an Jelineks Eignung gezweifelt. Dass ein Jurist mit dem Schwerpunkt Insolvenzrecht mehr zähle als profunde Kenntnisse im Gesundheitswesen, sei "mehr als verwunderlich", lautete die Kritik.

Hacker zeigte dafür kein Verständnis. "Ich verstehe die Diskussion überhaupt nicht", sagte er sichtlich verärgert. Jelinek verwies darauf, dass es in seiner neuen Funktion um die Rechte von Patienten und Heimbewohnern gehe. Man befinde sich also im rechtlichen Bereich, und im Zivilrecht fühle er sich "natürlich sattelfest". Er sehe seine Rolle auch nicht als die eines Gesundheitspolitikers, Kenntnisse in Sachen Gesundheitswesen hab er sich jedoch angeeignet.

Grüne verlangen mehr Transparenz

Jelinek hat sich im Zuge der Ausschreibung gegen 23 Bewerberinnen und Bewerber – darunter auch Pilz – durchgesetzt. Durchgeführt wurde das Verfahren vom HR-Beratungsunternehmen ISG Personal. Je zwei Personen aus diesem Unternehmen und aus der Stadt haben daraus eine Shortlist erstellt, auf die es laut Hackers Büro sechs Bewerberinnen und Bewerber geschafft haben. Diese mussten vertiefende Gespräche führen und Fallbeispiele lösen. Wie aus Rathauskreisen zu hören ist, wurden auf dieser Basis zwei Personen für die Funktion "sehr empfohlen".

Die Grünen stören sich daran, dass die Opposition nicht erfährt, wer diese zweite Person ist und wie diese beurteilt wurde. Und sie kritisieren, dass sich Jelinek im Gesundheitsausschuss lediglich vorstellte, aber kein Hearing vor den Gemeinderätinnen und Gemeinderätinnen absolvieren musste, wie das etwa bei der Besetzung der Umweltanwaltschaft der Fall ist.

Die Stadtregierung hält dem entgegen, dass ein derart öffentliches Bewerbungsverfahren Interessentinnen und Interessenten abschrecken würde, die sich in einem aufrechten Dienstverhältnis befinden. Hacker will jedenfalls an dem Prozedere festhalten, wie er am Donnerstag im Landtag betonte. Das Verfahren sei geeignet, um "im Sinne der Bürgerinnen und Bürger die besten Köpfe für Führungspositionen der Stadt zu bekommen".

Bei Pilz, die im Landtag ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021 präsentierte und damit ihren letzten Auftritt vor den Mandatarinnen und Mandataren hatte, bedankte sich Hacker ausdrücklich. Pilz habe in den zehn Jahren "einen großartigen Job gemacht".

6.000 Euro Mindestgehalt

So fürstlich verdienen wie Pilz – sie bekamt monatlich mehr als 12.000 Euro – soll ihr Nachfolger Jelinek übrigens nicht. Das Salär wurde laut Hacker an das Gehaltsschema der Stadt angepasst. Der definitive Betrag stehe noch nicht fest, erklärte Jelinek auf Nachfrage. Aber: Das Mindestgehalt sei in der Ausschreibung mit 6.000 Euro brutto angegeben gewesen, dazu kämen noch Vordienstzeiten. (Stefanie Rachbauer, 23.6.2022)